Samstag, 28. Mai 2011

0066 (9,10,11) - JUBLILÄUMSWARTE

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wenn schon sonst nichts, dann doch das messer, das sie ihm damals angeboten, ja aufgedrängt habe. dann doch das messer, das nach langem spaziergang damals in ihrer vorstellung entstanden sei, gleichzeitig, er sei davon überzeugt, sagt der student, wie ein blitz vor beiden inneren augen, wenn es so etwas gibt. das messer habe man dazu gebraucht, um übereinander herzufallen. man habe so etwas wie ein vibrieren der nerven verspürt beim aussprechen dieses gedankens, er sei überzeugt, gleichzeitig. sie habe, sagt die begleiterin, plötzlich seinen weichen weißen bauch vor sich gesehen, da habe es kein halten mehr geben können. was da alles hineinzuritzen gewesen ist, zuerst, welch unaussprechbaren dinge in diese gespannte haut, in die haut dieser gespannten bauchdecke. zuerst in die haut, dann ins muskelgewebe, dann habe man sich schon gegenseitig stützen müssen, es sei aber herrlich weitergegangen

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zur eröffnung der bauchhöhle ist eine große anzahl von schnitten empfohlen worden. trotz mancherlei gegenteiliger bestrebungen wird auch heute noch der schnitt in der linea alba am häufigsten ausgeführt. im wettstreit mit den schnitt durch die linea alba steht der vielfach empfohlene paramedianschnitt. er hat den zweifellosen vorteil, daß er teilweise von der muskulatur gedeckt wird. nerven und gefäße werden nicht zerstört. der bauchschnitt wird am besten schichtweise unter schonung von muskeln, nerven und größeren adern angelegt. dann kann das bauchfell zunächst an einer kleinen stelle geöffnet werden. je nach der gegend des bauches ist das vorquellen von darmschlingen und netz stärker oder weniger stark. am stärksten ist es in der unterbauchgegend. dann zieht man sich den magen vor and stellt die länge des fremdkörpers fest. die öffnung erfolgt am besten quer zur längsrichtung des magens. zunächst wird ein kleines loch in die magenwand geschnitten. dann wird die magenwunde gerade so viel erweitert, wie es zum herausziehen des fremdkörpers nötig ist. man muß sich aber davor hüten, den fremdkörper aus der wunde herauszuzwängen. besser ist es, die wunde mit dem messer noch etwas zu vergrößern

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ihre besessenheit, ihre schmerzversessene passion. am entsetzlichsten sei, daß das unwahrscheinlichste doch eintrete. bei aller konzentration auf das wesentliche, sagt der student, bei aller konzentration auf die folgen dieser entsetzlichkeit. sinn und unsinn seien siamesische zwillinge. das jubläum des großen wütens findet aber nicht statt. statt dessen gezwungenermaßen fingerübungen. tatsächlich fingerübungen anhand des stadtplans. juchgasse judengasse. josephinum judenplatz. predigtstuhl, wasserbehälter, wilhelminenberg, standrohr steinbruch, wiener landesheil- und pflegeanstalt, ein irrtum, am steinhof, eine verwechslung, achtundvierzigerplatz, eine solche verwechslung, predigtstuhl, sternwarte, wie konnte das passieren, müllverbrennung, in der rose, sagt der student, feuerwache feuerwache. keine verwechslung, sagt der student, sich verbessernd, südlich der eisernen hand, südlich des schottenwalds, südlich des wolfsgrabens, südlich des gemeindewalds, zwischen kreuzzeichen- und schnepfenwiese, anscheinend am westlichen zipfel der vogeltennwiese, 449, in der nähe der stelle, wo johann staud-straße and pelzer rennweg aufeinandertreffen. wege, straßen, siedlungen sind rot eingezeichnet, bäche, flüsse, seen blau, straßenbahn-, autobuslinien, starkstromleitungen violett, namen schwarz, wiesen blaßgrün, wälder sind blaugrüne tupfen and kringel

(mittwoch, 4. bis sonntag, 8.3.1970)

(Blick ins Nebenzimmer: Essere etrusco 29)

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