Sonntag, 29. Mai 2011

0066 (12) - JUBLILÄUMSWARTE

12

eine fahrt auf sich nehmen, nicht um etwas reales, sondern fiktives, realfiktives zu rekonstruieren. die fahrt verläuft mit zwischenfällen, von berechneten schwierigkeiten gibt es mehr als genug. links gehen, rechts fahren. die beteiligten personen kennen ihr ziel, wissen aber nicht den weg. der autor kennt natürlich(?) auch das ziel, dieses winzige zwischenziel, das bild des ziels. jetzt ist es das vorstellungsbild der jubiläumswarte, etwas noch ziemlich formloses, farbloses. der autor, der student and seine begleiterin, diese wie gewöhnlich realfiktiv, steigen aus dem auto, fluchend. der schnitt erfolgt in der mittellinie vom proc. xiphoidus bis zum oder einen fingerbreit unter den nabel. ihr fluchen gilt dem auto, den vergangenen witterungsverhältnissen, die ihnen jetzt solche verkehrsverhälthisse, den beteiligten personen selbst. man kann häufig sehr schnell den schwielig veränderten teil, ja sogar die ulcusnische feststellen. der fiktive verlauf dieses nachmittags sei zwar als zwischenziel festgestanden, der reale verlauf mache dem allerdings (wie gewöhnlich?) einen strich durch die rechnung. auf die unterscheidung von ulcus and carcinom kann hier nicht näher eingegangen werden. 1 + 2 = 3. die sonne schien, der wind ging, der schnee lag. warm kalt hoch. die gesunde luft sei gesund, es gebe nichts gesünderes als gesunde luft, zimmerluft wäre der sache sicherlich sehr abträglich gewesen, ebenso hockenbleiben, hin- und herwälzen, rückgratverkrümmung, unterleibsstauung. der weg falle ab, mache kurven und bogen, schweizer (?) häuschen auf dem satzberg, der student als artist auf seinen galoschen auf dem verschneiten kleiberweg, seine begleiterin als beleidigte, der autor als letzter, orangen schälend mit orangenschalen (oder ist es doch der student?) den weg markierend. die umgebung des ulcus zeigt oft eine hochentzündliche rötung (flammende röte). pelzer rennweg, blick in den wolfsgraben. zunächst ist der mittlere teil des magens auszulösen. tower, observation tower, watching tower, dies allerdings am ehesten für militärische zwecke, das zwischenziel ist aufgetaucht, hat sich verfestigt, ist zuerst teilweise zwischen den bäumen hindurchzusehen, erscheint dann unverdeckt in den augen der beteiligten personen, die sitzen in den autos, fahrend, gehen schlendernd, sitzen im gasthaus, sitzen im freien auf den lehnen der öffentlichen bänke, doch diese personen sind nur minder beteiligte, als rasch wechselnde staffage, selbst der student and seine begleiterin sind nur staffage. am besten ist es, man löst den ulcus nun schnell mit messer oder schneidenem thermokauter ringsherum von dem in dem nachbarorgan zurückbleibenden ulcusgrunde ab. die jubiläumswarte, trotz des grauen himmels strahlend, die jubiläumswarte, sich in einer kräftigen spirale zum plateau drehend. der autor, eine annäherungsmöglichkeit an den aufgang suchend, entdeckt aus dem schnee ragend ein sperrgitter. betreten verboten. eine annäherung ist nicht möglich, nur sachliches einprägen der situation. vier fichten, ein gelber pfeil, abgang, ein polygonales häuschen, kassafensteröffnung, geschlossen. einen moment lang ein aufbegehren, der wunsch, sich durch den schnee zu kämpfen, sich über das gitter zu schwingen, wendeltreppe. der wunsch, den ersten fuß auf die wendeltreppe zu setzen, aufstieg, der wunsch vom plateau aus den spitzen eisenpfeil zu erklettern. mit der größe und ausdehnung des ulcus und der beteiligung der organe wächst natürlich auch die technische schwierigkeit und die gefahr. vom pfeil durchbohrt, aufgespießt, am spieß schreiend dem traumland die jeweilige windrichtung zeigen. sichtbarste funktion. die spirale mit den augen runtersausend, der autor landet, mit den augen, im schnee. betreten verboten. er könne, erwachend, nicht sagen, ob er den turm jemals betreten habe, ob die aufschlagstelle ihres körpers wirklich die aufschlagsstelle ihres körpers gewesen sei. vergegenwärtigt sei der körper seiner begleiterin jedenfalls wundenlos, von makelloser unbestimmtheit, in dieser unbestimmtheit allerdings unmenschlich. er habe den turm betrachtet, er bedeute für ihn nichts persönliches mehr (habe es nie bedeutet? nie bedeuten können?). er könne, erwachend, nicht sagen (der autor? der student?), wie die operation (zerfleischung) verlaufen sei, ob je eine solche stattgefunden habe

(mittwoch, 4. bis sonntag, 8.3.1970)

(Blick ins Nebenzimmer: Campo di urne 01)

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