O-01 BEIM BERNHARD-HAUS
er müßte jetzt hier sein, dachte ich,
mit unablässigen Sätzen im Kopf,
ohne mich zu erkennen. Müßte
mit mir hinunter zur schönen Seite
und hinter mir stehenbleiben, mich
beobachtend mit unhörbarem Lachen
bei meinen vergeblichen Versuchen,
in den Fenstern viel mehr zu sehen
als mein ruckelndes Spiegelbild
und erlöschende Landschaftsfragmente
dahinter, als wär das sein eigener,
immer wieder abgerissener Film
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er hätte mein Schatten sein können,
unter dieser Nachmittagssonne.
Noch hörte ich seine Fernseh-Stimme
im Ohr, wollte ihn aber nicht verärgern
durch eine unzulässige Imitation.
So blieb alles meine Sache, die meines Eigensinns,
bis die Außenmauern zur Seite wichen:
nur ein Tischchen stand da,
mit schmaler Schreibmaschine drauf,
einem eingespannten leeren Blatt.
Er hatte es bewußt so zurückgelassen,
zur Warnung voreiliger Fort- oder gar Über-
schreiber. Niemand wird sich hier je
an seiner Stelle hinsetzen können,
niemand in fließende, feinstoffliche Sprache
verwandeln seinen Lungenblick
(03.11.2000)(Fr) (4.45 Uhr)
Aus gegebenem Anlass das obige Gedicht außerhalb der Chronologie eingefügt!
(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)