O-28 PARC DU MONCEAU
dieser Platane geritzt: sie erhebt sich,
baucht sich aus, stöhnt in den wunder-
zunderblauen Himmel. Schwitzt,
wenn man sie genauer betrachtet, rumort.
Irgendwann hat sie sich zwischen die spitze
und die stumpfe Pyramide gestellt -
fleckiges Ungeheuer, das aus der fernen Zeit
in uns eindringt. Dahinter zwei Säulen,
feingeriffelt, mürb und grünschwarz,
labil aufeinandergetürmte Glieder,
und heiß. 8 soll heißen: Nimm dich
in Acht! Und D: Dummheit dauert!
Ich betrat den Parc du Monceau
zur späten Vormittagsstunde, schon
Mittag, als ich vor dem rosengesichtigen
Tulpenbaum stand. Gleich daneben:
sinnendes Monument, blickloser
Steinfigurenhaufen, gezeichnet
von Schatten, schwarz tröpfelnden
Himmelsflüssigkeiten. Zwei herrenlose
Füße, aus Marmor, der eine
fast ganz zerquetscht. Rundum
Getöse des Rätsels, das die Mütter
geflissentlich überhörten, Kinder vor sich
herschiebend, verstopft vom Frühlings-
erwachen, in ihre fernere Zukunft
(Mittwoch, 24.04.2002, 17.50 Uhr, Paris)
(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)