sie sagt: gehen wir hinaus, und im hinausgehen zerfalle ich auf den entferntesten stern. ich blicke auf. die schrebergärten blitzen. die einbrecher sind unterwegs. die friedhofsbesucher drinnen können sich mit den friedhofsbesuchern draußen nur durchs gitter unterhalten. ich reiche einer toten die hand. meine füße baumeln von der aus den erdreich geholten bank. ich bin plötzlich im verhältnis sehr klein. einer wird den abhang hinunterrollen und an der neu errichteten mauer mit seinem tretroller zerschellen. wenn das nicht unser sohn ist? sie hat ihren sohn nur im bewußtsein. ihr mann geht neben ihr her mit vermehrten falten und zunehmender kahlheit. die politischen lehren verblassen im vergleich zur lage. ich spalte mich auf, meine diffusität verkünstlicht meine existenz. ich habe mich im hinaufgehen kurz vergessen. immer mehr maschinen halten zuhaus einzug. auch hinter gittern sind liegewiesen zu sehen; was dahinter liegt, weiß man nicht. gloriette ist ein kennwort für kenner der situation. wir recherchieren. die hausbewohner geben bereitwillig auskunft. wir halten uns länger auf, als wir wollten. die sonne brennt in unseren auf november eingestellten augen. zum weintrinken ist es zu früh, aber davonlaufen kann sie. aber ich kalkuliere mich als faktor des handelns insofern aus, als sie mich als faktor des liebens auskalkuliert. wenn wir wollen, bleiben wir beide auf der strecke. wir sind die strecke, die uns trennt. unser lustiger grüner bruch ist ein offsetdruck. unsere dialektik kann uns entstehungsgeschichtlich weiterhelfen, formell aber bleiben wir die alten scheißer. der eine steht dem anderen gegenüber, und das ist immateriell. wir kultivieren das unbewußte, der geist verschont uns nicht. sie sagt: gehen wir hinaus, und eine ganze weltanschauung knallt hinter uns ins schloß. die rentner erheben sich und applaudieren. meine vorsehung stirbt den kältetod. zitternd begeben wir uns die lange gasse hinauf, aus dem rock geschüttelt, barhäuptig, ein häufchen synthese, obwohl ich die synthese verweigere. sie kennt das kennwort für die kellner und das konkrete. und dann entzieht sie mir ihre hand, und ihr schweiß bildet sich auf mir von selbst. meine abhängigkeiten sind auf jahre konstituiert. vermischt lebe ich schon mit derjenigen, die mich verlassen wird. die gerinnungszeit unserer zeit hat sich verringert. haarfett auf der zunge, spucke ich gegen den wind aus dem westen. wir haben unsere himmelsrichtungen auf ein verbleiben überprüft. doch die renovierungsarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. die bäder werden von bissigen hunden bewacht. immer denke ich den weg zurück in die studentenzeit, wo wissenschaft & kunst keimfrei waren. wo die sexualität sich aufs begeilen an der nachbarstätigkeit beschränkte. was damals an unerschöpflichem entdeckt wurde, nimmt diejenige, die mich verläßt, wieder mit. sie weiß natürlich nicht, warum sie mich verläßt. sie weiß ihre angst nicht anders umzusetzen. sie hat angst vor der zeit, sagt sie, und trotzdem versagt sie sich dieser zeit. sie küßt mein doppelbild. sie nimmt ihren jahrhundertkopf zwischen die schultern und öffnet die augen und wendet sie nicht mehr ab von der blendung, die ich bin. das licht scheint durch die beschlagenen scheiben, unsere körperwärme filtert die außenwelt ab. mehrmals schlage ich nicht nur im geist mein wasser ab. es geht nicht, sagt sie, nicht jetzt, später, bestimmt. das rätselhafte an mir bekommt eine neue dimension. die wahrnehmungen spielen nur eine untergeordnete rolle. mein konzentriertes ich leidet, aber worunter? es verändert sich molluskenhaft. unser schwächebewußtsein stärkt einander, aber ihre kinderstimme liegt gleich hinter der glottis parat. jetzt stehen wir, wo wir geheiratet haben. ich lasse sie sich mir vor augen führen, aber meine Geduld reicht nicht aus für diesen entsetzlich langwierigen prozeß. ich beginne zu deuten und zu exemplifizieren. auch aus dieser situation mache ich ein exempel und statuiere, was anscheinend unvermeidbar war. ein kopf unter köpfen, die alle gleich fremd sind und entsetzlich schnell altern. wir beginnen zu streiten, diesmal fast lautlos. doch sie entdeckt noch die geheimsten kiebitze und verläßt empört das haus durch die hintertür. der kleine ersatz ist vielleicht der große erfolg. hartnäckigkeit hat wie immer nur das ziel der erhöhung des selbstbewußtseins. ich bitte wiederholt, ohne mir hündisch vorzukommen. ich gehe zu boden, und angst, blut & ekel halten mich zusammen. eingekeilt zwischen ihren bestrumpften beinen, erhebe ich mich mit einem ganzen sack voll revolutionen. ich bluffe nicht. ich halte mein bewußtsein im schach mit durchhalteparolen. leblose materie läßt mich reflektieren. ich denke mich leicht hier weg und suche bestimmt keinen trost. ein haus wäre schön, speise und trank in hülle und fülle. doch unter deinen füßen zischen schienen und das desinteresse für wissenschaft & forschung. der einsatz der zeitpunkte ist verwirrend genug: ich erkenne wieder meine voreiligkeit. schnellschießer haben bei ihr nichts zu suchen. die liebe ist aber trotzdem eine explosion in tagebüchern. kalkige ausscheidungen und ein hellroter fleckiger oder knotenbildender hautausschlag an verschiedenen körperstellen. nicht haben, sondern wissen ist von bedeutung. es gibt nur zu lernen, über den berg zu sein. sie sagt: gehen wir hinaus, und wir treffen uns an der wurzel der liebe, und die kritik an unseren erziehung und an unseren umgangsformen und an unserer wirklich gelebten zeit ist gegenstandslos. wir gehen hinaus, und schon haben wir ein haus und ein bett und eine nacht. was wir uns verweigern, wird uns gegeben. was wir uns geben, wird uns verweigert. wir gehen hinaus.
(9.11.1972)
e.a.richter - 2014-01-15 10:00