T-10 TATIANA

Da die meisten Blätter in meinem Fund liniert sind und Ausrißspuren aufweisen, vermute ich, daß sie aus einem A4-großen Heft oder auch Notizbuch stammen. Gestern habe ich eines davon auf den Tisch gelegt. Es ist auf beiden Seiten beschrieben, und zwar auf der Vorderseite folgendermaßen:

1. „Köstlich – auffällig, wie oft ich köstlich in Gegenwart von T. verwende. Nahezu ein Füllwort geworden, wie sozusagen. Sozusagen köstlich. Ein köstlicher Satz, ein köstlicher Augenblick, köstlich – dieses Schweigen! Sollte ich anstelle dessen wundervoll sagen? (Wundervoll, wie du meinem Blick in dich aufsaugst!) Oder herrlich (Herrlich sind alle unsere Möglichkeiten!), edel, erlesen? Gar – die frühere Bedeutung - teuer, prächtig? Hat also mit: Wieviel kostet deine Liebe? zu tun, und nicht mit: Willst du diese (meine) Liebe kosten?! Beides auf den Lippen!“

2. „Deutsch als fremde Sprache – Sekunden, in denen mir Deutsch (meine Muttersprache) fremd, ja völlig unverständlich vorgekommen ist. Stand an der Tafel, T. hatte geschrieben: Milch. Mich. Ich. Lachen. Weiß nicht mehr, was vorher war. Vielleicht nach einer Pause, vielleicht aus Spaß. Oder um jemandem die Unterschiede zwischen den Wortarten zu erklären.

M-i-l-c-h? M-i-c-h? I-c-h? L-a-c-h-e-n? Dann ratterte es durch meinen Kopf: -Milch bringt mich immer zum Lachen -Mich lacht Milch immer aus. -Aus mir lacht Milch heraus. -Lachende Milch macht mich zum Ich.“

In Ramirers Mappe befinden sich auch Notizen zu „Redewendungen, zum Beispiel: Jemandem einen Bären aufbinden, siehe Sprachlernversuch – Puschkin.“

(9. Jänner 2007)

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