e.a.richter

a so a blonda schmää
med an weißn hintan
und nix zwischn de zänt
außa r an schmää:
des bist du
des woast du
befuare de daschlong hob
daschdochn
med an schwoazn schmää

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(so ein blonder schmäh
mit einem weißen hintern
und nichts zwischen den zähnen
außer einem schmäh:
das bist du
das warst du
bevor ich dich erschlagen hab
erstochen
mit einem schwarzen schmäh)

a greane witwe
bine und hinta da hausdia bine
a gauns a großs doppenullal
fian hean owainschbekta
ooda no bessa
fian hean hofrood en rue
dene do gauns leicht
med an schdampal
eineschdaumpa zu mia

(mittwoch, 12.1.1972, 2.10 uhr)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(eine grüne witwe bin ich
und hinter der haustür bin ich
eine ganz große doppelnull
für den herrn oberinspektor
oder noch besser
für den herrn hofrat in ruhe
den ich da ganz leicht
mit einem gläschen schnaps
hereinscheuch zu mir)

jezt lochst me aus
weng mein schdända
dene em kafee
fua da kassiararen kriagt hob
wei du me heidnocht
ned kassiad host
jezt lochst me aus


(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(jetzt lachst mich aus
wegen meinem ständer
den ich im café
vor der kassiererin gekriegt hab
weil du mich heute nacht
nicht kassiert hast
jetzt lachst mich aus)

a winzechs fuzal
fon mein faschdaund
howe da no iwaloßn:
ißs schee zaum
und schau de ned um

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(ein winziges stückchen
von meinem verstand
hab ich dir noch übrig lassen:
iß schön auf
und schau dich nicht um)

schoaffe sochn
med schbizzn fingan
iwan mongschdrudl gschraad
jezt draan se olle leara
zua waund und moang
haums daun wiakle
wos fuachtboa schlechts draamd
und an schlechtn mong
folla gloosscheam
fia d schüla

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(scharfe sachen
mit spitzen fingern
übern mohnstrudel gestreut
jetzt drehn sich alle lehrer
zur wand und morgen
haben sie dann wirklich
etwas furchtbar schlechtes geträumt
und einen schlechten magen
voller glasscherben
für die schüler)

a so a duuriwoedl
is mei schädl: mittn
en da nocht
geeda gauns aloane
schlofn und loßt mei heaz
schlong und schlong

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(ein so ein unruhestifter
ist mein kopf: mitten
in der nacht
geht er ganz allein
schlafen und läßt mein herz
schlagen und schlagen)

med ana schdroßnbaun
mechtade schdantabede
aufn ringduam aufefoan:
rood is des weeda
und kaasweis san de hoa
fon d leid de jezt
kaane hiad mea aufhaum

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(mit einer straßenbahn
möcht ich stantepede
auf den ringturm rauffahren:
rot ist das wetter
und käseweiß sind die haare
von den leuten die jetzt
keine hüte mehr aufhaben)

waune
fon mia redn hea
weare glei
um an meta gloana

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(wann ich
von mir reden hör
werd ich gleich
um einen meter kleiner)

aufn foto schauda
wia r a goatnzweag aus
owas zweagal is gressa woan
owa neds ollagreßte
do hod eam s schbuatln
und d oawat in der zukkafabrik
aa nix gnuzt

en da kuchl gibts no
d schwoazn strich
mitm datum wo a se
hischdöön hod miassn
foan fottan mit seim
zimmamaunsschdift

da kloana bruada hod
kloane hänt und launge
finga hod kuazze hoa
und große oawaschln
hod scheene fiaß
und an schenn nowe

jetzt hodas greßte haus
d schenste frau
de gscheitasten kinda
s beste auto undn bestn dschob
drozdem is a koan zentimeta
mea gwoxn und no imma
woatt a auf a kloas wunda

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(auf dem foto schaut er
wie ein gartenzwerg aus
doch das zwergerl ist auch größer geworden
aber nicht das allergrößte
da hat ihm der sport
und die arbeit in der zuckerfabrik
auch nichts genützt

in der küche gibt’s noch
die schwarzen striche
mit dem datum drauf wo er
sich hat hinstellen müssen
vor dem vater mit seinem
zimmermannsstift

der kleine bruder hat
kleine hände und lange
finger hat kurze haare
und große ohren
hat schöne füße
und einen schönen nabel

jetzt hat er das größte haus
die schönste frau
die gescheitesten kinder
das beste auto und den besten job
trotzdem ist er keinen zentimeter
mehr gewachsen und noch immer
wartet er auf ein kleines wunder)

wias kloa woa
hods weng jedn drekk gread
wias gressa woa
hods bei jeda glengheid gschrian
scho wau mas nua
a bißl augriffn hod

wias in d schui gaunga is
woas auf oamoe gauns schdüü
duatn owa ned dahoam
und doo iss ollaweu goschada woan

wias ollaweu schlechtara notn
hoambrocht hod hods wiida
zum schrein augfaunga
de deppatn leara
de deppatn leid
i hoeds olle nimma aus
de kennan ma gschdoen bleim

biss daun wekgaunga is
und nimma hoamkumma
und d ötan bittn und bedln
haum miaßn dass aa nua
an groschn von eana nimmt
nix hods gnumma
ollas hodsa se söwa fadiint
se woa da schdoez und
da zuaneche widaschdaund
en oana beason

(oktober 1972)

(Erschienen in: Jetzt bist aufgwocht, AV-Presse, Heidelberg, 1973)


(wie sie klein war
hat sie wegen jeder kleinigkeit geweint
wie sie größer war
hat sie bei jeder gelegenheit geschrien
schon wenn man sie nur
ein bißchen angegriffen hat

wie sie in die schule gegangen ist
war sie auf einmal ganz still
dort aber nicht daheim
und da ist sie immer bockiger worden

wie sie immer schlechtere noten
heimgebracht hat hat sie
wieder zu schreien begonnen
die dummen lehrer
die dummen Leute
ich halt sie alle nicht mehr aus
die will ich nie wieder sehen

bis sie dann weggegangen ist
und nicht mehr nach hause gekommen
und die eltern bitten und betteln
haben müssen daß sie auch nur
einen groschen von ihnen nimmt
nichts hat sie genommen
alles hat sie selbst verdient
sie war der stolz
und der zornige widerstand
in einer person)