Sonntag, 1. April 2012

D-25 DISSIPATIV

Unentschiedenheit, wie schön,
zwischen Büchern, Leseplätzen.

Nun ist es das Schlafzimmer, das zweite,
und eine kroatische Luftmatratze

mit einer hiesigen Auflage samt Blümchen-Polster
aus dem vorderen Doppelbett: hingelegt

auf den Bauch, und noch immer Prigogines
dissipative Strukturen, Bifurkationen,

und gegen Chardins Punkt Omega
als Möglichkeit der Große Zusammenbruch.

Im offenen Koffer Plastiksäcke
mit Wäsche, zwei ungleiche Bücherstapel:

darin Brodsky und Hughes, übereinander,
Urania samt Tiger, der hier niemanden tötet.

Es gab nur einen einzigen lang nachhallenden Donner,
wie unlängst diesen Knall, dessen Herkunft nicht zu eruieren war.

Inzwischen fasrig quellende Wolken im Talkessel,
nur an einer einzigen Stelle lichtdurchlässig.

Keinerlei Blendung.
Kein Berg, kein Aufstieg.

Leichtes Erzittern blutroter Geranien,
ihrer olivgrünen haarigen Blätter und Stengel, wenn ich sie ansehe.

Daneben: Hemden, in Zufallsfalten erstarrt.
Keine Dämmerung, mit Kastanienkühle.

Kein rotglühendes Eisen, wie beim Schmied im Dorf,
kein Schlagecho mehr bis in die Nacht hinein.

Keine reglosen Narzissen, anstelle aller zu Staub
gewordenen Pfingstrosen, Nelken und Lilien meines Lebens.

Am Himmel nur Stahl, ohne eine Spur Purpur.
Fast hohler Bauch, gewiß eine Täuschung, mit Spitznabel,

aus dem papierenes Gedärm entfließt Brei,
noch formbar, natürliche Tinte,

die mir ein Lob entlockt, kleines, auf die Negation
dieses isolierten Systems, die mich fallweise rettet

(Dienstag, 27.7.1999, Altaussee)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

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