Sonntag, 5. August 2012

F-21 DER ANFANG IST ZUEND

Am Anfang war
ein Funke Vertrauen, mein Finger
im Mund, die Aussicht
auf Rückkehr in ein liebendes
Bett, feministische Eingriffslust,
eine Art Erlösung. Am Anfang
war der Ehe-Endkampf, die ständige
Vertagung des Selbstmords, waren Fluchtreisen,
Bauernhäuser, war ein unsichtbar
wachsendes Kind, deftige
Ausbeutung der Nacht.
Am Anfang war der Glaube an die Chirurgie
der Beziehungen, Selbstheilung
der Schizophrenie, an den kampflosen
Geschlechtertausch. Am Anfang
war der Traum von der Gleichheit
der Lebensträume. Jetzt
ist der Anfang zuend: herausgeflutscht
ist der Kopf unseres Kinds, es wächst
haarig heran, lächelt, quirlige
Trennlinie zwischen dir und mir, immer
mehr Raum fordernder Widerspruch, und wir
schließen die Augen, öffnen sie ängstlich,
schaukeln schreiend die Schuld auf,
flüchten in eisernes Schweigen,
neuartige Maßlosigkeiten, und die Härte
des Anspruchs nimmt zu, immer unverbindlicher
wird die Sache, die dich und mich verbindet,
bis wir in Tränen ausbrechen, damit
sich die Erde nicht auftut, uns frißt
ohne Erbarmen. Jetzt
ist der Anfang zuend, und wir sehen
nur eine Lösung: unsere Krankheit
aufhalsen einem anderen Paar
mit neu eroberter Identität.

(1981)

(Erschienen in: Friede den Männern, Residenz Verlag, 1982)

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