0163 - SCHWEIZER FRAGMENTE 4
Oben auf dem Weinberg aus der Dachluke
schauend, zwischen Lausanne und Genf,
beides in den Augenwinkeln,
dazwischen französische Berge,
Ungetüme von Wolken -
das ist der unglaubliche Süden,
wo der Wind aus dem Rücken
vom Norden her aufräumen wird,
im Lauf dieser Nacht.
Zwischen diesen fernen Feuerwerken,
winzig und lautlos,
sind wir wie Riesen,
dies alles vor uns
ein gefügiges Spielzeug: unsere Macht
liegt in den Augen,
unseren Wimpernschlägen.
Dieses Glimmen von Elektrizität.
Diese Schauer auf den Hochkulturen.
Diese Seeflächen,
ihre Leuchtkraft und Farbintensität.
Als wir uns abwenden
steigt Bavaud aus dem Zeitungskorb,
der schöne Maurice,
wieder auferstanden aus den unsichtbaren Spuren,
Tyrannenmörder,
ertappt beim ersten Versuch,
im Stich gelassen
von feigen Diplomaten
in der Kälte Brandenburgs,
mit seiner perpetuierten Todesangst;
danach von Staats wegen
ausgemerzt aus dem Gedächtnis.
Ohne ohrenbetäubende Beichte,
ohne Absolution verschwindet er,
wie ein Stück Zucker, als Hostie
mißbraucht, unter der Zunge.
(7.8.1982, Morges)
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