0137 - DER FAHRENDE SCHÜLER

Ich stellte den Wecker
auf den Rand der Kredenz.
Widerwillig blätterte ich
im Fahrenden Schüler.
.
Da tauchte mein Traum wieder auf:
Ich hatte auf den Fahrenden Schüler.
völlig vergessen. Ich las weiter,
fiel gleich in eine Depression:

Die Sätze, die ich jetzt schrieb,
brachte ich nur
mit Mühe zuende.
Zornig sprang ich auf,
.
zähneknirschend ging ich aufs Klo.
Ich frisierte mich unwillig
bügelte schnell mein Hemd,
spuckte auf meine Schuhe

Du standst in der Küche,
mit zerknittertem Gesicht.
Ich setzte mich hin, kaute
mit geschlossenen Augen,

antwortete nur Unverständliches
auf deine beiläufigen Fragen.
Grußlos gingst du weg,
deine Brote blieben liegen.

Ich schlüpfte in die Hose,
wechselte in die Schuhe,
wischte den Straßenstaub
mit einem Slip ab.

Sofort stürzte ich aus der Tür,
ein Hund lief mir zwischen die Beine.
Ich dachte über den Traum nach,
lachte jetzt über den Fahrenden Schüler.
.
Ich bin feig und will jederzeit
auf alles vorbereitet sein.
Immer die Maske, nur keine Blöße;
die Schuld dafür gab ich der Mutter.

Ich fuhr an einer Telefonzelle vorbei,
bremste, blieb trotzig sitzen.
Ich erwartete von mir Wahrhaftigkeit
in dieser Stunde der Schwäche.

Plötzlich wollte ich das Auto
ins Wasser katapultieren.
Ich stieg aus, die Wellen teilten sich,
das Telefon leuchtete.

Ich sprach in bestem Deutsch
eine Menge schöner Lügen,
ohne daß mir die Brust aufplatzte.
Für diesen Tag war ich gerettet.

(9.6.1979)

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