Weberin - 2012-08-04 10:00

Es ist schon merkwürdig, dass eigentlich immer wenn Kinder über ihre Eltern nachdenken, etwas zutiefst trauriges dabei herauskommt, vielleicht weil man beim Nachdenken über die Eltern immer den Verlust der Kindheit mitdenkt, die Zeit, als wir unsere Eltern noch nicht "realistisch" (was für ein häßliches Wort in diesem, im menschlichen Zusammenhang) gesehen haben, sondern als Helden, als den Mittelpunkt unserer Welt.

e.a.richter - 2012-08-04 19:06

Liebe E., ich weiß nicht mehr, welche Gefühle mich damals – Anfang der 70er Jahre – bei der Niederschrift der Dialektgedichte beherrscht haben. Sicher war mir der Dialekt näher als jetzt. Wegen des Vokalreichtums und der vielen Wortverkürzungen klingt er melodiöser; und die Pointen erscheinen auch weniger banal als im Standarddeutsch.

Ich habe Väter aus dieser Generation immer bedauert, vielleicht sogar bemitleidet, weil sie nicht mehr aus ihren Fähigkeiten und Begabungen machen konnten. Für die meisten im Dorf, so sie überhaupt zurückkamen, war der Wiederaufbau nach dem Krieg ein ständiges hartes Ringen um das tägliche Brot. Viele konnten von den Erträgnissen einer Bauernwirtschaft nicht leben, also waren sie zu einem Doppelberuf gezwungen und dadurch so erschöpft, daß es fast keinen Spielraum für Familiäres gab. Als Kind hat man das wahrscheinlich nicht so wahrgenommen, sondern den Mythos der Abwesenheit der Väter weiter gepflegt, um daraus seine eigene Triebkraft zu entwickeln, mit deren Hilfe man sich immer mehr von der Familie und den dörflichen Verhältnissen entfernen konnte.

Aus der Distanz verbinden mich mit meiner Kindheit zwei Hauptgefühle: Dankbarkeit dafür, daß ich so frei und naturverbunden aufwachsen konnte; und Bedauern darüber, daß der Zwang zur Verbesserung der Lebensumstände – vor allem im Sinne von „alles für die Zukunft der Kinder“ zu tun - den Eltern die Erfüllung ihrer geheimen Wünsche nicht gestattet hat.

PS: Ein etwas genaueres Blitzlicht hier .

Name

Url

Meine Eingaben merken?

Titel:

Text:


JCaptcha - du musst dieses Bild lesen können, um das Formular abschicken zu können
Neues Bild

 

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Free Text (1)

Dieses Weblog wird hier archiviert.

Archiv (ab 1967)

Lyrikbände:

Der zarte Leib

Friede den Männern

Das leere Kuvert

Eurotunnel

Obachter

Schreibzimmer

Romane:

Die Berliner Entscheidung

Originalverpackt oder mit Widmung über e.a.richter(ett)gmx(punktt)at erhältlich.

„...Dies ist der Versuch eines komprimierten Familienromans, zugleich ein Reisebericht, der an einen Ort führt, wo die Kriegsschäden an den Menschen und deren Behausungen noch unverhüllt sichtbar sind. Lena und Stefan, von den gegensätzlichen Seiten der Geschichte kommend, unternehmen, sich zwischen Überlebenden und deren Nachkommen bewegend, einen Versöhnungsversuch...“ (Klappentext)

Fliege. Roman eines Augenblicks

Aktuelle Beiträge

0126-1b A KIND OF DEPARTURE
the lady of the house speech-impaired since an incomprehensible...
e.a.richter - 2015-12-30 07:09
0126-1a AUCH EIN ABGANG
die gnädige frau sprachgestört wohnt sie seit einem...
e.a.richter - 2015-12-26 03:43
0107a - THE TEACHERS
the teachers leave the school the prettiest teacher...
e.a.richter - 2015-12-23 21:27
DT-001 FETISCH
(YVONNE) ihre weiße Bluse steif, ein Fetisch, der...
e.a.richter - 2015-12-21 12:12
DZL-18 DAS BETT
das Bett, das alles verraten wollte und nichts verriet:...
e.a.richter - 2015-10-07 04:22
DZL-17 PUPPI
was zu sehen ist, in einzelne Stücke zerlegen; alle...
e.a.richter - 2015-06-02 08:44
DZL-01 WIR GLAUBTEN AN...
wir glaubten an das Blut. Dieses Wir ist mit Vorsicht...
e.a.richter - 2015-05-07 13:59
DZL-02 MEIN PATTEX
mein Zauberer hieß nicht Pattex, nicht Expatt. Er lebte...
e.a.richter - 2015-05-07 13:58
DZL-03 DER ZARTE LEIB
Zartleibigkeit wird vermißt, auch intensive Zartlebigkeit....
e.a.richter - 2015-05-07 13:56
DZL-04 - ZU MEINER ZEIT
zu meiner Zeit war gar keine Zeit. Die Zeit hatte sich...
e.a.richter - 2015-05-07 13:55
DZL-06 IN DIE HÖHE SINKEN
schwierig zu lesen: Er begriff seine Geschichte. Blatt...
e.a.richter - 2015-05-07 13:53
DZL-07 TISCHLERPLATTE
mein Vater, Tischler, hatte keine Tischlerplatte, er...
e.a.richter - 2015-05-07 13:52
DZL-08 GOLD, GLANZ, HEITERKEIT
sie sagt, ich bin älter als mein Vater, als er zu...
e.a.richter - 2015-05-07 13:51
DZL-09 WIR GLAUBTEN AN...
wir glaubten an das Blut. Dieses Wir ist mit Vorsicht...
e.a.richter - 2015-05-07 13:51
DZL-10 BRAUTMASCHINE
ein Mann braucht nur eine Wand und eine Braut. Er braucht...
e.a.richter - 2015-05-07 13:50
DZL-11 SCHWIMMERIN
wenn sich das Tor geöffnet hat, fährt allen in ihren...
e.a.richter - 2015-05-07 13:50
DZL-12 FRESSEN UND WUCHERN
Gedichte zu fressen ist nicht meine Sache. Ich lese...
e.a.richter - 2015-05-07 13:49
DZL-13 KONTROLLE VERLIEREN
Kontrolle verlieren, im Nebenraum, wo alles aufgetürmt...
e.a.richter - 2015-05-07 13:49
DZL-14 MUNDSCHUTZ FÜR...
es begann mit strahlenden Augen, auf einer Schnitzerei...
e.a.richter - 2015-05-07 13:48
DZL-15 JUNGE FRAUEN...
dem kleinen Mann macht die Situation einen Gefallen: zwei...
e.a.richter - 2015-05-07 13:48

Free Text (2)

Free Text (3)

Archiv

August 2012
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 6 
 9 
11
12
 
 
 

Suche

 

Status

Online seit 5061 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2016-01-06 11:08

Credits


A Roma etc.
Das leere Kuvert
Der zarte Leib
Detonation und Idylle
Die Berliner Entscheidung
Erste Instanz
Eurotunnel
Fliege (Notizen)
Friede den Männern
Jetzt
Licht, Schatten
Namen
Obachter
Pessimismus & Erfahrung
Schreibzimmer
Stummfilmzeit
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren