L-06a FARBEN DER VOKALE: A (schwarz)

schwarze Traube; oder auch Taube, latente.
Taube in schwarzen Anzügen in der
Taubstummengasse; schwarz der Perron,
die ganze U-Bahnstation, schwarzer Schwarm
vorm Zug, auf den sie starren, voller Hoffnung.

Schwarze Trauben, sich von allen Seiten
vor meinem Mund zusammendrängend. Und Tauben,
nicht auf dem Dach - brennend nah, genauso
in perfekter Nachahmung gemalt wie die Trauben:
zum Hingreifen, Hineinbeißen, Saft und Augen.

Griffe ich hin – die Fingerkuppen färbten sich blau,
schwarz, gelb; lösten sich ab, Finger eines Handschuhs,
Häute eines Abgestürzten, im Urwaldboden Versunkenen.
Taube, ganz in Schwarz, nun allein vor mir:
pausenlos nickt sie, ohne ein Friedensangebot

(Donnerstag, 19.06.2008, 10.35 Uhr)

(Blick ins Nebenzimmer: Nullo nullo 18)
e.a.richter - 2011-07-03 23:32

Alte Schmiede, Wien, 1. Juli 2008

„Vorgesehen ist, dass sich die Mitwirkenden je ein von ihnen geschätztes Gedicht einer anderen Epoche (also bitte nicht eines aus dem 20. Jahrhundert!) auswählen und dessen Eigenart dichterisch gerecht zu werden trachten – was hieße, dass jede / jeder über dieses (oder an dieses) Gedicht was sonst als ein Gedicht schreibt, also in der eigenen Manier dem erwählten Gedicht sich nähert. Es soll uns frei stehen, eventuell zwei Gedichte auf das Gedicht zu schreiben, das ja wohl als ein Thema für eine oder zwei Variationen zu verstehen ist. Zum Ablauf des Abends: der Verlesung des jeweiligen Originalgedichtes möge, nach einer kurzen Erklärung der Verfahrensweise (oder dergleichen, und wär das ein Hinweis auf die inspirierenden Wörter oder Zeilen) das eigene Gedicht, eventuell in zweierlei Gestalt, folgen, am besten wohl zwei Mal gelesen“. So hat Julian Schutting zum 60. Autorinnen- und Autorenprojekt in der Alten Schmiede eingeladen.

Die Lesung fand am 1. Juli 2008 statt. Teilgenommen haben: Franz Josef Czernin, Franzobel, Marie-Thérese Kerschbaumer, Ilse Kilic, Friederike Mayröcker, E. A. Richter und Ferdinand Schmatz. Ich hatte mir Rimbauds "Voyelles" als Anstoß für meinen Beitrag gewählt. Ergebnis: „Die Farben der Vokale“ (sechs Gedichte).

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