michaela (Gast) - 2011-11-08 15:33

"unerbittlich". und: "mit dem schreiben hinter dir her", entsetzlich!

ich stelle mir vor, mein partner würde ständig alles aufschreiben was ich sage und tue. müsste ich da nicht denken, der rückt mir ständig auf die haut, ich habe keinen freiraum?

zu viel der ehre, zu viel der aufmerksamkeit! für mich keine zeichen der liebe, sondern der kontrollsucht. ich dürfte keinen einzigen fehler begehen. alles würde bemerkt und notiert...

gibt es einen konflikt, wird er mich nicht aus dem gedächtnis zitieren, sondern aus seinem büchl. ich würde das natürlich nicht gewußt haben und er würde besserwisserisch auf mir herumhacken. und ich würde ihm diesen triumph nicht gönnen wollen..

abgesehen von allen anderen kriterien, die hier aufgezählt werden und die ich nicht erfüllen könnte...

vielleicht hat der autor auch etwas von diesem "verrückten archivar"...

e.a.richter - 2011-11-10 13:01

Michaela, die Frage ist doch immer auch, wohin ein distanziertes Nebeneinanderherleben führt. Im besten Fall zu einer freundlich begleitenden Freundschaft. Doch in welcher Beziehung herrschen schon Gleichklang und gleiche Zielhaftigkeit? Wäre das auch eine Gefahr für Erstarrung und Trennung der Wege?
Vielleicht helfen aus zweckmäßigen Gründen temporäre Übereinkünfte, ohne daß die Hintergrundabsichten deklariert werden. Nichts geht ohne Schmerzen ab, ohne Mißverständnisse, Veränderung der Gefühls- und Interessenlage. Leicht gerät ein „Partner“ ins Hintertreffen, das - scheinbare - Gleichgewicht hat sich verschoben, und schon entsteht ein Kampf zur Rückgewinnung der Machtverhältnisse.
Der „verrückte Archivar“ könnte auch die Ich-Figur selbst sein, so wie sie hier erscheint. Sie sorgt vor. Sie sieht den Bruch vorher und investiert in die Zukunft der Partnerlosigkeit. Sie wappnet sich mit Details, um den Schmerz des Verlassenseins ertragen zu können. Zugleich wird dieses genaue, mit allen Sinnen gespeicherte Mitwissen den Schmerz verstärken. Möglich, daß das in der Gegenwart der Beschwörung noch keine Rolle spielt.

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