T-09 TATIANA

Ramirer, so wie er jetzt vor mir steht, ist das Ergebnis meiner Blicke in seine erstaunten braunen Augen, auf die Hände mit den langen Fingern, auf Mantel, Hose und Schuhe.

Er trägt einen schwarzen Mantel, um den Hals einen roten Schal, aus dessen Enden ein gekräuseltes lila Endstück. Der umrahmt seinen Kopf: schwarze, gekräuselte Haare, kurz geschnitten, mehr als ein Dreitagesbart. (Also der Schal – und das will ich gar nicht schreiben – wie ein Strick, vergleichbar der mehrfachen Schlinge, unlängst auf einem Foto im Internet, allerdings in der üblichen Strickfarbe.)

Ja, ich sehe schlecht, aus einer gewissen Entfernung bei schlechtem Licht. Manchmal trübt sich der Blick, und die Farben werden fleckig. Nicht, daß ich etwas gegen einen Aquarellblick hätte! Und nicht, daß ich mir jederzeit wünschen würde, besser zu sehen! Jetzt, da es um einen Moment der Möglichkeit des Erscheinens Ramirers geht, würde ich tatsächlich gern mehr Details erkennen wollen!

Ich besitze auch eine Fernbrille. Die zeigt – sollte Ramirer auf mein Verlangen die Hände heben (natürlich tut er das) – Kreidespuren auf den Handinnenflächen, aber auch an den Mantelärmeln. Da schauen die schwarzen Hemdärmel hervor – ebenfalls leicht kreidig. Häufiges Hantieren mit Kreide, etwas unachtsam.

Ich stelle ihn mir stehend, doch als einen während des Unterrichts ständig Herumgehenden vor. Als einen, der sich höchst ungern hinsetzt, lieber hin- und herwandert, sich lieber über seine Papiere oder von hinten über die Studenten- und Studentinnenköpfe beugt.

Wenn er schreibt, liegt er gern auf dem Sofa oder Bett. Doch um entspannt Korrekturen auf Übungsblättern vornehmen zu können, müßte er dann allerdings eine Mappe oder eine größeres Buch unterlegen.

(8. Jänner 2007)

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