in Liebe hausend, in der Schlafkammer,
gelb rundum, mit dem Porträt
zweier völlig Unbekannter gegenüber dem Bett,
luftig gemalter Mädchen,
das eine ernsthaft erschrocken, leicht geduckt
unter ihrer längst vergangenen Zukunft,
das andere vorgebeugt geradeaus äugend,
als erwarte es im nächsten Moment
ihren ausständigen Herrn Bräutigam.
Jetzt seh ich beide nicht mehr.
Doch manchmal schaue ich sie an,
als gehörten sie mir.
Im Wohnzimmer hingegen das Klavier -
schwarz, immer heiser, verstimmt.
Es harrt, thront, macht sich dünn,
hält den Atem an – Liebe beschwörend.
Was mir in den Sinn kommt, spiel ich.
Es ist sofort aus und vorbei;
oder wiederholt sich von selbst, piano,
Geklimper, das auch die beiden Fremden
im oberen Stock anrühren soll.
Etwas fließt aus den Ohren
und steigt die Treppe hinauf,
verteilt den wechselnden Rhythmus
auf die zarte Ölschicht,
auch auf Jalousien Tische und Teppiche,
kehrt zurück zum zerkratzten Parkettboden,
zu den Holzquadern,
zum drehbaren Fernsehtablett,
das sich schnell zur Korbbank
beim Fenster hinwenden muß,
wenn ich mit der Fernbedienung schnipse.
In Liebe hausend, im Keller,
der uns keinerlei Unterschlupf bietet.
Nur in der Garderobe ist Platz
hinter verschwiegenen Hosen Blusen Kleidern und Mänteln.
Da an der unnachgiebigen Wand
im unentwirrbaren Geruch beider Geschlechter
enthüllt sich Liebe, wächst nach,
durch die Tür die Stufen hinauf
(1999)
(Erschienen in:
Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)
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