EU-15 MOMENT AN DER THEMSE (ST. SAVIOUS DOCK)
auf der ich dreimal hin- und herging,
um bei Ebbe im Schlamm
der Themse zu wühlen.
Sessel, der besudelt fast versank,
vor der Leiter ins Leere.
Blumige Häuser, nicht das Neueste, fatal
sozial. Daneben die Spekulation:
Butler’s Wharf, Lagerhaus
mit Tower Bridge-Blick,
nur noch ein abgefucktes Gebäude
vom Cherry Gardens Pier aus geknickte
vielfenstrige Dunkelmänner-Wand.
Einsamer junger Mann
auf dem einzigen Hausboot,
inmitten von Grünpflanzen, Hanf: er winkt.
Stieg hinab zu moosigen Steinen,
ins Glitschige, am Wasser grautrocken.
Und von oben überraschend
Pakistanigesichter, einzeln
die Treppe herabkollernd,
mit Frauen- und Kinderlachen verbrämt.
Würdig grüßender Mann dahinter
Marionette des bronzenen Doktors
der die Katze vor ihm fixiert, begehrlich,
dem rätselhaft häßlichen Mädchen
mit der abgegriffen glänzenden Linken
unbemerkt drohend.
Im Gehen und Wenden
der grünglasige Rohbau gegenüber:
Brücke, Himmel, schräg aufgetürmte
versetzte auseinandergedrückte Gebäude.
Auf und ab, auf und ab.
Auch wegen der Fluß-, eigentlich Meeresenergie
über den Strom.
Verletzt, leer, ohne Profit
keine freudige Rückkehr.
Hinter mir der Spalt, fast unsichtbar
inmitten der Brücke,
die sich irgendwann öffnen wird -
bei der Ankunft des nächsten
Hochseeschiffes vom Kanal her,
der kippenden Bugwelle,
der Windhose, die ihr vorauseilt
(Sonntag, 6.8.2000, 23.25 Uhr, London)
(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)