EU-20 TARA (BRITISH MUSEUM)
keine Erscheinung wie jede andere,
verkrampft hinkend, wie in Trance.
Unbewegt sah sie
aus schmalen Augen, mitleidig brütend,
auf mich herab.
Metallisch glänzend der Leib,
die Brüste halbkugelig, Palmwedel-Hüften,
steil abgewinkeltes Bein.
Die Linke zum Segen erhoben,
die Rechte offen herabhängend,
tribhango tura, in sich versunken.
Ich, sie umgarnend, dachte:
Schleier über die Augen,
unter den Rock schlüpfen, Saft saugen.
Tara aushebeln, quer
über den Montague Place tragen,
Russel Square, ins nächste Hotel -
ihr mit eisernen Stößen
ein Lebenslächeln entlocken,
Laute, die aufscheuchen, Liebesgelächter.
Der Löwe des Stolzes in mir
verschwand, das Feuer des Zorns,
der Räuber irriger Ansichten.
Keine Flut von Begierde mehr,
kein Elephant der Verblendung.
Keine Schlange der Eifersucht.
Kein Geiz, kein Gespenst des Zweifels –
es war die Wahrheit, die mich beschämte,
mir im Moment alle Körperlichkeit entzog
(Mittwoch, 9.8.2000, 23 Uhr, London)
(Erschienen in Eurotunnel, Literaturedition Niederösterreich, 2005)