O-01 BEIM BERNHARD-HAUS
er müßte jetzt hier sein, dachte ich,
mit unablässigen Sätzen im Kopf,
ohne mich zu erkennen. Müßte
mit mir hinunter zur schönen Seite
und hinter mir stehenbleiben, mich
beobachtend mit unhörbarem Lachen
bei meinen vergeblichen Versuchen,
in den Fenstern viel mehr zu sehen
als mein ruckelndes Spiegelbild
und erlöschende Landschaftsfragmente
dahinter, als wär das sein eigener,
immer wieder abgerissener Film
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er hätte mein Schatten sein können,
unter dieser Nachmittagssonne.
Noch hörte ich seine Fernseh-Stimme
im Ohr, wollte ihn aber nicht verärgern
durch eine unzulässige Imitation.
So blieb alles meine Sache, die meines Eigensinns,
bis die Außenmauern zur Seite wichen:
nur ein Tischchen stand da,
mit schmaler Schreibmaschine drauf,
einem eingespannten leeren Blatt.
Er hatte es bewußt so zurückgelassen,
zur Warnung voreiliger Fort- oder gar Über-
schreiber. Niemand wird sich hier je
an seiner Stelle hinsetzen können,
niemand in fließende, feinstoffliche Sprache
verwandeln seinen Lungenblick
(03.11.2000)(Fr) (4.45 Uhr)
Aus gegebenem Anlass das obige Gedicht außerhalb der Chronologie eingefügt!
(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)
Ich habe eine weiße Wand ohne Heiligenbild vor mir; und rechts - beinahe im Rücken - das Fenster. Warum? Ich möchte eine Projektionsfläche haben. Und Sie?
ich sitze eben an der ecke und hinter mir ist der beckett und der puschkin und sie starren mich an
Nachtrag:
Ich hatte damals ein Zitat vor mir:
„Darunter hatte sich auch seine*) Schreibmaschine
befunden, die er sich in den frühen zwanziger Jahren im Wiener Dorotheum ersteigert und auf welcher er alle seine Arbeiten ins Reine, wie er immer gesagt hat, geschrieben hatte und auf welcher ich selbst heute noch meine Arbeiten schreibe, eine wahrscheinlich schon über sechzig Jahre alte amerikanische L.C.Smith“.
(Thomas Bernhard, Der Atem. Eine Entscheidung, 7. Aufl., München: DTV 1990)
*) des Grossvaters Johannes Freumbichler
Die Antwort:
"Ich habe Dr. Fabjan gefragt. Er wusste nicht, welche Marke die Schreibmaschine hat; es handelt sich allerdings nicht um jenes Gerät, das Bernhard selbst verwendet hat, die betreffende Maschine befindet sich in Fabjans Privatbesitz in der Lerchenfeldgasse. Fotos gibt es davon leider keine.
Die Schreibmaschine Freumbichlers ist gegenwärtig mit unserer Ausstellung "Thomas Bernhard und seine Lebensmenschen. Der Nachlaß" unterwegs."