D-10 DIESES AFRIKA DA
ist schwarz-weiß, quadratisch, flach
und völlig durchkomponiert.
Dieses Afrika da:
ein uralter Schwarzer mit Hut,
ertappt mit fröhlicher Miene,
wie er an die Tür mit der Nummer 12 pocht;
ein Rosenvorhang rechts neben der Säule
versperrt den Blick in das Zimmer.
Dieses Afrika da:
ein Gärtner mit Elefantenohren
(wie in einem Film, wo jemand sagt:
Du mit deinen ... und höllisch zu lachen beginnt):
er lacht wie die Frau,
die den neben ihr Ausgerutschten
an einem Hemdzipfel festhält,
während über seine rechte Schulter
ein ausgehungerter Hund heraufschnappt – wonach?
Dieses Afrika da
zeigt auch zwei Angestellte der Stadt
vor einem schäbigen Wellblechtor:
sie lächelnd, die strammen Brüste
über dem sackgroßen Bauch unter Streifen,
die ihn noch vergrößern, hervorwölbend,
und er, den Kopf zu ihrer Schulter hin geneigt,
die Äuglein nach oben gerichtet,
simuliert mit eingesogenen Lippen listige Ergebenheit.
Dieses Afrika da
führt zu Leah und Illona, zwei Schwestern,
in ihre düstere Küche
mit Plastikboden und einem altmodischen Kochherd:
Leah schwingt ihren Kopf
über dem mächtigen Leib zurück,
kreischt lauthals, so,
daß Illona auf dem Stühlchen links neben ihr versinkt,
jedoch mitlacht, noch offener, gerade heraus
in die Augen des Fotografen,
der auch gleich einen Blick
auf die Plastiktasche auf dem Boden wirft,
die zermatschten Kugelfrüchte darin.
Dieses Afrika da
läßt zwei Burschen an eine wackelige Mauer treten,
mit einer aus Kinderwagenteilen zusammengebastelter Leiter,
der linke den anderen schiefköpfig beäugend,
ihn stoßend; der aber finster
mit seiner Linken den Rohrrahmen würgt,
während ein massiger Mann sich von hinten nähert,
auf eine höchst zweideutige Weise
mit Drähten hantiert.
Dieses Afrika da
endet abrupt bei einem Sicherheitsbeamten,
auf dem durchhängenden Bett
hinter einer sitzenden Frau,
ihrem verschwollenen Schlangengesicht -
stemmt die eine Hand in die Hüfte,
während er mit der andern einen Schlagstock umklammert
und dabei aus der schwarzumrahmten Brille
die glitzernde Haarpracht unter ihm fixiert.
Dieses Afrika da,
in der Rue Quincampoix in Paris,
ist tatsächlich nur schwarz-weiß,
quadratisch, flach, völlig durchkomponiert
und verschließt sich vor mir
mit einem schrillen Klick
(Mittwoch, 21.4.1999, Paris)
(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)
(Blick ins Nebenzimmer: Campo di urne 08)
Antjie Krog
Auf Befehl meiner Vorfahren wurdest du besetzt
hätte ich Sprache könnte ich schreiben denn du wärst Land mein Land
aber mich wolltest du nie
wie sehr ich mich auch streckte um zu liegen
im rauschend blauen Eukalyptus
beim Vieh das seine Hörner senkt in Becken voller Wasser
in winzigen Wellen plätschernd die zitternden Wangen trinken
in seidigen Quasten im tropfendem Harz
in Dornenbäumen die hinab ins Leere glitten
mich wolltest du nie
mich konntest du niemals ertragen
ein übers andre Mal hast du mich abgeschüttelt
hast du mich raus gerollt
Land, langsam wurd’ ich namenlos in meinem Mund
Jetzt wird um dich gekämpft
verhandelt geteilt abgeweidet verkauft gestohlen verpfändet
in den Untergrund will ich mit dir gehn Land
Land das mich nicht haben wollte
Land das mir nie gehörte
Land das ich fruchtloser liebe denn je
(Antjie Krog)
http://lyrikline.org/index.php?id=59&L=0&author=ak05&cHash=44c42e3273
grond
onder bevele van my voorgeslagte was jy besit
had ek taal kon ek skryf want jy was grond my grond
maar my wou jy nooit
hoe ek ookal strek om my neer te lê
in ruisende blou bloekoms
in bees wat horings sak in Diepvlei
rimpelend drink die trillende keelvel
in tafsytossels in leksels gom
in doringbome afgegly na die leegtes
mý wou jy nooit
my verduur kon jy nooit
keer op keer skud jy my af
rol jy my uit
grond, ek word langsaam naamloos in die mond
nou word geveeg om jou
beding verdeel verkamp verkoop versteel verpand
ek wil ondergronds gaan met jou grond
grond wat my nie wou hê nie
grond wat nooit aan my behoort het nie
grond wat ek vergeefser as vroeër liefhet
(Aus: Antjie Krog, Gedigte 1989–1995)