D-28 MORGENFORSCHUNG

schon am Morgen im Garten mit Forscher-
Augen: über den See hin, zu den seidigen
Nebeln über den Wassern
zwischen den Bergsenken. Dann:

jeden Baum, jedes Gesträuch
aus der Nähe betrachtet, umschritten – so
entstanden Namen aus dem Unwissen, pro forma.
Schließlich saß ich unter der von mir

so genannten Hängeesche, versteckte
mich vor dem herabstoßenden Helikopter,
fixierte die Koniferen vor dem Bungalow.
Meinen Entschluß zu bleiben projizierte ich

so lange auf sie, bis sie tanzend zusammen-
wuchsen, bei Frühlingsmusik, dabei harte
blaugrüne Früchte abwarfen und sich kletternd
über das Dach ausbreiteten. Es war,

als würden sie sich in deinen Traum einschleichen:
drinnen der Therapeut, heraußen sein Stellvertreter,
und sie rivalisierten um die Erklärung
deines zweifachen Lächelns. Als du dann

in der Tür erschienst, war dein Nacken elastisch,
fast schmerzfrei, und du sprachst von dir,
deinen Wünschen, ohne einen Funken Lust
auf spirituelle Vereinigung

(Montag, 12.7.1999, 12 Uhr)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

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