Das leere Kuvert

Donnerstag, 29. März 2012

D-24 KLEINER MAMCO-WAGGON

zuerst steht der kleine, grüne Waggon
auf einem Friedhof, an einer Wand
aus Grabsteinen: so zeigt es ein Foto;
dann in einem Koben aus rohem Holz,
innen geweißt, in einer Reihe von Kuben,
inmitten einer sonst leeren Fabrikshalle.

Beschütz mich vor meinen Wünschen!


Und draußen über den nahen Dächern
auf einer Leinwand die Köpfe des Paars,
das sich zugleich anblickt und aneinander
vorbeistarrt, lächelnd auf etwas unsichtbar
Fernes oder Nahes hin: auch ihr Zwillingsbild
in dem Korridor weiter unten,
auf heftige Rot- und Blautöne reduziert,
gibt keinerlei Auskunft über die Qualität ihrer Intrigen,
Verzweiflungen, Tag- und Nachtexzesse.

Beschütz mich vor meinen Wünschen!


Jetzt in dem Koben ist der grüne Waggon
schräg abgestellt in nordöstlicher Richtung,
aufgeschlagen zum Dreiflügel-Altar
die Türen. Und drinnen die Bücherei
irgendeines Lebens, das auch meines sein könnte,
wäre irgendetwas in mir dazu bereit.

Beschütz mich vor meinen Wünschen!

Wohn- und Wahn-Archiv, von wem auch immer
zusammengetragen, zu welchem Zweck –
ist schnell zu umkreisen, zwingt bald zur Einbildung
eines Rundumauges, das alles, Innen und Außen,
mit einem einzigen Blick erfaßt und durchdringt:
zu einer Unzahl winziger Annäherungsversuche
mit Verschiebung Verschachtelung Tiefe Schleife
wie in einem einzigen Zug.

Beschütz mich vor meinen Wünschen!


Beiläufig verfinstert, dieses Wandergesicht
beleuchtet sich ganz von selbst. Beides,
Lichtflecken, befremdliche Schatten, erlöschen
mit der jähen Erinnerung an einen Raum,
in dem Schalter im Dunkel blinkten, wieder
und wieder, die Menschen schemenhaft
auftauchen ließen, Männer mit blutenden
Kopfwunden, Beinverbänden, verbrannter Haut,
Frauen mit verklebten Milchbrüsten.

Beschütz mich vor meinen Wünschen!


Der Koben ist offen, der Waggon lädt ein,
wetzt trotz allem hinter dem Betrachter her,
keucht, heult und glüht

(Sonntag, 18.7.1999, 8.15, Chernex)

(Mamco ist das „Musée d´art moderne et contemporain“ in Genf.)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Montag, 26. März 2012

D-23 GERÄUSCH

dieses Geräusch, das keines sein wollte,
um so mehr eines war: Höschen
abgestreift, unterm Schweigekleid
vor dem Mann, Vater, von der Frau,
Mutter, die sich vorbeugt in einem Rondeau

um einen fingierten Brunnen herum,
Lusthaus, von der Tochter,
die lauscht und sieht, um dieser Szene
Schärfe, Schmach, Rausch
zu nehmen, auf sie projiziert.

Im Brunnen, in dem sich nun beide spiegeln,
Vater&Mutter, von dem hastigen Aushauch
zerdellte Gesichtsflächen. Und über ihnen,
an der Innenwand ihres Tempelchens,
in Ovalen oder Lichtdurchlässen

in gnadenlos überschwenglichen Farben
Porträts der Geschwister, Endlosreihe,
die auch fremde Familienzüge inkludiert und variiert,
als würde jedem Samen dieses Mannes, Vaters,
ein wahrer Mensch entsprungen sein –

nun allesamt verdammt, sich einzuschwärzen
mit jedem neuen Lidschlag.
Rotschwarzes quillt heraus, breitet sich aus,
verdrängt das Quecksilberlicht
aus ihrem Traumraum – plötzlich

eine rotschwarze Fontäne,
die lautlos die Kuppel durchsticht,
sie mitreißt und immer weiter nach oben trägt,
tanzend balanciert, mit diesem Geräusch,
das keines sein wollte,

sie umso mehr erschüttert:
Nun wölbt sich der Boden, drückt hinauf,
hebt sie, die Tochter, empor
auf einen höheren Ausguck,
bis sie die beiden, Vater&Mutter,

mit einem Vogelblick im rotschwarzen Schlamm,
im ausgeronnenen, nur schlaff wabernden Bett
erfaßt, ihn, den Mann, Vater, völlig flach,
nur Gerippe, Haut, Hunger- und Leidensblick,
die Frau, Mutter, hingegen ein federleichtes

Mädchen, schimmernd, quicklebendig,
noch immer ihr Ebenbild.
Ihr verzeiht sie mit einem Mal alles –
jedes böse Wort, jede Strafpredigt,
ihm, dem Mann, Vater, nichts:

keinen einzigen aufmerksamen Blick,
kein romantisches Zu-Sich-Winken,
keine vermeintliche heimliche Zärtlichkeit,
keinen unschuldig tuend geraubten Kuß.
Er sollte nur mehr der Stoff sein,

aus dem sich Weiblichkeit erhebt
und stärkt, die Frau, Mutter, und sie selbst;
Hülle, in Zukunft ohne jede
männliche Energie: schlottriger Vorhang,
den sie zerreißt und gleich wegwirft

(Samstag, 17.7.1999, 0.50, Chernex)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Dienstag, 14. Februar 2012

D-22 JARDIN DES PLANTES

neben vernachlässigten Tieren
nur graue, verbitterte Wärter,
die sich heimlich mit dem Fleisch
für die Raubtiere vollstopfen.

Kein einziger Panther im Tanz
von Kraft, mit großem Willen.
Nur schläfrig blinzelnd, ein Löwe,
wie alle anderen Tiere in einem

baufälligen Käfig. Schildkröten,
die einander mit knirschenden Panzern
in unbeirrbarer Langsamkeit für immer
aus dem Weg räumen wollen.

Und am Ende der Qualen kehrtgemacht,
und wieder Auf-einander-Vorrücken,
Millimeter-Kampf im gelben Wasser,
vor ausgeblichenen Naturlandschaften.

Hingegen die Orang Utan-Frau
ganz Mutter inmitten von Holzwolle
unterm grünen Tuch mit ihrem Kleinen.
Herauslangt eine riesige Tatze

mit frappantem Fingerspitzengefühl.
Daneben zwei junge Wilde auf Seilen,
die scheinbar nach roten Bausteinen haschen:
sie huldigen nur ihrer Bewegungslust.

Vor dem Gitter ein Mann, der weltabgewandt
an einer Figur herumspachtelt,
kleiner Teil eines Affen-Theaters
für die winzige Ewigkeit seiner Existenz.

Draußen ist schon Frühling, im Park
wird stürmisch gekehrt.
Die Magnolien platzen.
Der braune Dinosaurier beim Eingang

ist nur ein Modell aus Metall.
Das schwarze Klavier inmitten
der heftig grünenden Wiese
klafft stumm und wund

(Donnerstag, 29.4.1999, Paris)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Sonntag, 12. Februar 2012

D-21 PLACE DU SORBONNE

keine Krisenverbreitung,
keine Longlife-Parolen
zur Erheiterung irgendwelcher
Individuen, auf Stills fixiert.

Fasziniert bis in die Zehen -
könnte hier sitzen bleiben
und Blicke, Wendungen von Köpfen,
Körperausbuchtungen, Kleiderfalten,

Reflexe auf Kaffeehausfenstern
mit einem Knopfdruck für immer
festhalten wollen, meine kleine Ewigkeit.
Alle atmen unsichtbar.

Arme, Brüste, Beine erhaben,
versunken in dünnflüssiger Luft.
Hände alt, verkrustet.
Gesichter gefroren in dem Moment

des Erkennens, ihrer Sekundenmaske.
Speichelreste in den Mundecken.
Schminke an Stellen, wo sie nicht hingehört.
Haare wie aus Stein,

herausgewachsen aus dem Untergrund,
angestäubt vom Himmel, vom Asphalt her.
Grundwasser könnte sie speisen,
Erdwärme beleben, ihr Druck sie

aufblähen zu Ausstellungsstücken
der Evolution. Laufend
schwenkt das Auge
zwischen rechts und links hin und her,

findet menschenartige Zufallstreffer
vor Restspiegelungen von Häusern und Bäumen:
zieh dieses Leporello hinter mir her -
bis ich bei Pimkies lande

inmitten eines Ansturms
von Stoffen und Häuten: auf einmal
völlig wunschlos, federleicht,
versöhnt mit der Dingwelt

(Freitag,16.4.1999, Paris)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Mittwoch, 8. Februar 2012

D-19 PARIS ODER SO

Paris, plötzlich so fern wie nah, als ob ich wüßte, wovor
ich entweiche, nicht aber, wonach ich suche: immer wieder
die Versuchung zur Flucht zu Menschen in fremden Ländern,

in ihre vielleicht genausowenig gesunde Moral, ihre Sitten,
sie kommt und geht; und besser und schlechter ist gleich; gleich
auch das Hier- und das Dortsein: auf einmal La Grande Arche

auf dem Bildschirm, vor mir auf dem Blatt, schimmernd,
Ansporn zum Aufbruch, der dann nicht stattfindet, auch nicht
für eindringlich Fragende: wie es denn gewesen sei am Rive Gauche,

auf dem Eiffelturm, im Hotel Saint Simon bei überschwappendem
Atlantikwetter, an französischen Tischen, all die Tests in Geduld und Neugier:
stets ein Gewinn, einen unzweifelhaft schlechten Zustand

gegen einen nur zweifelhaften einzutauschen, wie Montaigne meint,
baumhaft aus seinem Grab irgendwo draußen heraufwachsend;
im Duett mit dem Mann von La Mancha, hauchdünne Stimme

aus dem Radio, Mensch gegen Figur, die sich erhebt aus dem Staub
und gegen die Reflexe des Fensters, der Lampe, dieses Zimmers ankämpft,
in dem alle meine künftigen Entscheidungen schon bereitstehn

(Samstag, 26.12.1998)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Samstag, 4. Februar 2012

D-18 SOHN IM SEZIERSAAL

Sohn, dem vor der Leichenhand schaudert,
deren gelber ledriger Haut, vor Fleisch, Fett
und Knochen unter dem stumpfen Skalpell.

Sohn, der sich schon täglich stundenlang
hantieren sieht in solch steriler Umgebung
auf dem Metalltisch mit abgetrennten

Armen, Beinen, Köpfen und nicht sofort
benennbaren Innereien. Sohn, der das alles
todernst übt, wißbegierig, auch leer.

Sohn des Schweigens, Sohn der Liebe, Sohn der Angst.
Sohn, der in seiner Größe auf- und abschwingt,
mich nicht mehr erreicht. Sohn, von mir

in den letzten Minuten hundertmal verstoßen.
Sohn, unnahbares Geschenk, dem ich mich
auf immer vermachte. Sohn, der die Liebe

mit süffisantem Widerspruch hintertreibt,
ausgefuchstem Verweis auf fehlende Logik,
Belächler meiner verzehrenden Fürsorglichkeit.

Sohn, der die nächste Generation als Konzept
schon in sich trägt, jetzt, als er mir
mit Genuss den neuschmalen Schädel darbietet,

mit anschmiegsamen Ohren, Ringelhärchen
im Nacken, rötlichem Ziegenbart,
Großvaters kupiertem Nasenknorpel.

Sohn, der plötzlich aus der Straße herauswächst,
weißbemantelt, blutbeschmiert,
wie nach einer schiefgegangenen Operation.

Mit ironischem Vorwitz würde er mir jetzt gern
seine endlich zertrümmerten Weisheitszähne
zuwerfen, mit einer minimalisierten Geste

vor dem Institutstor. Und ich,
zwischen den Schienen tief atmend,
erwache aus meiner Sekundenabsenz.

Und ich: gleich in seinen Armen, die mich hoch-
schleudern, auch auffangen. Und ich: beim Essen
neben ihm, seinem doppeldeutigen Lächeln

(Dienstag, 4.5.1999)

Donnerstag, 29. Dezember 2011

D-17 FAMILIENMUSEUM

kein Hausschuh paßt. Es zieht vom Aufgang her.
Hinter jeder Tür Beete brennender Kerzen, Signale
der Offenheit für alles, was da kommen wird oder muß.

Frage, die du nicht aussprichst: Wo ist der Sarg, Sarkophag,
die Gruft für die ganze Familie? Hinaufgeschleift
über sechzehn steinernen Stufen, die Sohlen

jäh verkürzt auf das Maß eines Pubertierenden:
hin vor das einstige Ehebett, noch immer in Weiß, weißer Moder
aus den Ritzen, auch aus dem blitzblanken Kastenverbau.

Kein Gedanke mehr an den Brandherd Keller
dessen unverputzte Wände, die dort unten eingesperrten Öltanks,
an die Zeit, als du dieses Haus von allen Seiten her unterwühlt hast.

Du wärst vielleicht noch immer gern dieses Kind,
piepsend und grunzend, auf dem weißen Fell, im Bann
der Elternanbetung. Aber jetzt sitzt du da,

der einstige Zappler, ganz ruhig, kannst messenden Blicks
von dir sprechen, deinem fernen, noch unerreichten
Wunschland, kannst Sternbilder projizieren,

einen riesengroßen Flackermond, ihm Protuberanzen
andichten als ersehnte Heimstätte;
und das Ewige Feuer nur streifen, nebenbei,

aus dem sich das Chaos kreißt, Früh- und Spätzeit.
Es muß schnell anders werden. Irgend etwas soll auf jeden Fall
passieren, auch schleichend, auf Umwegen:

Bankenzusammenbruch, Fehler in Chips,
die Kettenreaktionen auslösen, Reaktorunsicherheit imitieren.
Und sicher kein nächstes Jahr im Familieschoß.

Es gibt Ziele, unaussprechliche, und schnell heruntergerasselte.
Es gibt Geborgenheit, die nie analysiert werden darf.
Keine Teile, nur immer das Ganze,

die Wesenheit, Ahnung hinter dem Minimalwissen,
das auch dieses unterhöhlt und auffrißt.
Es gibt und bleibt das Haus, und das Dach

das nicht so bald abheben wird, eine Frau darunter,
die sich an Junges andockt, ihre Arznei gegen Einsamkeit.
Es gibt und bleibt das Museum,

das viel Unausgesprochenes ausspricht, von Dauer glänzt.
Es kann sich hier selbst nicht mehr fortpflanzen,
erstickt irgendwann, in den Möbeln, unterm Teppich

(Dienstag, 28.12.1999, 6.12)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Mittwoch, 30. November 2011

D -15 DIE WEISSNICHT-AFFEN

die Weißnicht-Affen im Wasser, im heißen Dampf
inmitten der tiefwinterlichen Umgebung,
hatten rote Gesichter.

Sie wollten das Becken nicht verlassen,
auch nicht, als sich eine fast nackte Frau zu ihnen gesellte.
Die Weißnicht-Affen schwammen nicht,

sie hockten an verschiedenen Orten
in Paaren oder Gruppen zusammen, wie erstarrt.
Ab und zu lauste einer den andern, tat so,

als würde er dabei kurz einnicken, mit erlahmenden Fingern.
Es war ein Loch im Felsen, ein Loch in der Landschaft –
Punkte im Wasser, die sich bald nicht mehr abhoben,

ein dunkler Fleck, der immer kleiner wurde,
im aufragenden Schneebezirk.
Erinnerung, daß es irgendwo so etwas gegeben haben muß,

mit Menschen, die sich schwemmen ließen
von einem heißen kräftigen Wasserstrahl,
aus einem riesigen Maul.

Ich war dort, ohne zu wissen,
wie ich hingekommen sein könnte.
Glasklare Oberfläche, kein Eintritt

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Montag, 28. November 2011

D-14 AM DONAUKANAL IM FILM

muß, am Anfang, ein Blick sein
wie dieser: schwarzer Augenglanz,
hängende Lider, Kabuki-Mund,
gerötet; und gleich Vatergejammer:

liebt mich nicht, aus der Nähe,
auch nicht aus der Ferne; und Mutter-
Versessenheit: ist arm, ohne Geld,
braucht Hilfe; muß sich allein

über dem Wasser halten, zieht sich aber auch
selbst den Boden unter den Füßen weg.
Doch hier, in der Fremde, erste große
Schneeflocken, wunderbar taumelnde,

in der Zwischenhofödnis.
Und ihr Herz im Handgelenk,
ganz sanft, mit Knöchelchen,
wie vom Zufall unter der Haut

versteckt; rundum Nässe, schnell
verdunkelt. Bald kein Lippenrot mehr,
erloschen in Nächtlichkeit,
in den Schatten gnädiger Lichter, sie selbst

im Film, der gleich folgt, verschwunden,
als eine der Hauptfiguren,
eine Art Schutzmanteljungfrau für Greisinnen,
die sie für ihre Hilfe beschimpfen.

Bald wieder raus aus dem Schädel
der Nonne, reuigen Nutte, deren Sohn
am Auto der angehimmelten
Schauspielerin schmählich verendet.

Noch immer: spanischer Frauenchor,
muerte muerte, auf der Leinwand.
Und sie, danach, sehr in Not: blutleer,
nun fast kein Puls mehr. Will trotzdem

das Kaiserschnittbaby sein, das die Mutter
nachträglich umbringt. Davon jetzt keine Rede
am Donaukanal, im schnöden Westwind,
der Schnee herbeischafft, schweigendes

Spiegelwasserschwellen, ohne direkte
Verbindung zu ihrem türkischen Meer.
Die nächsten Wochentage lauern, notorische
Anstrengungen, Schmerzen, gleich in der Nacht,

die nach dem Film beginnt, noch
am selben Tag endet: Uhrzeit,
gegen den Uhrzeigersinn.
Raus aus dem Kino, dem Nordwinter, ins Bett,

unter die Tuchent, zu den fünf Bären -
ihre Trostsprachepartner, Heimatrestwärme.
Doch sie schweigt. Morgen will sie endlich
ein neues Leben sehen, sich selbst, in Liebe

(Samstag, 20.11.1999, 7.o5)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

Samstag, 26. November 2011

D-13 CHANTAL 2

erstarrt zur Puppe in einem Sarg-
zwischenraum, Fluchtreflex
aus der Ödnis des Doppelbetts -

so bewahrt sie ihr Selbst; bereitet
das Ausschlüpfen vor. Halbe
Gliedmaßen als Atmungsorgane,

die sich irgendwann aufpumpen,
um sich endgültig von diesem Hotel zu befreien.
Leblos als Tarnung nach dem Anfall

vorm Spiegel. Haut, Kleid als Kokon
um die Flachhöhle samt Organen. Als Vorrat
Blut und Luft. Nachtzustand,

vorweggenommen, Kopfaus-
wüchse, nachtrüßlige
Nachtsaftsüße. Fruchtsaugerin, inmitten

von Zitrusbildern. Ihr Überlebensgeruch,
nur für sie, Aidsbotin
oder Botin einer Unschuldsliebe,

die Säulen erklimmt, Mauerlöcher durchstößt:
in ihren Armen anheimelnde Rosen-
sträuße für Passanten im Liebesdornwald

(Sonntag, 21.11.1999, 15.01)

(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)

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