Mittwoch, 1. Februar 2012

E-11 THERAPIE

unsichtbares Hirn – Gedanken, dauerhaft bloßgelegt – Demütigung,
so die Gedankenfolge, in einer andern Sprache, Frauensprache,
so süß, so schlimm. Ja, ein Gebrumm, Sirren, ein Kopfdröhnen,
schon zu Füßen der Therapeutin, hingestreckt, während sie
schön lächelt, von oben herab. Schönsein, das nur Erstarrung bewirkt.

Und Locke, blond quer über den Körper. Als so Geteilte enthüllt
sie das Hauptorgan des Diskurses genau: wie symbiotisch
der Klient kleben muß an ihr. Er klebt nicht, er wütet. Er wütet
aus sich heraus, dem pulsierenden Schulterblattschmerz,
der sich in ihre Wangen hineinwühlt, ihren Haarschwall.

Sie lächelt - so süß, so schlimm - durch ihn hindurch, gleißt
im Sonnenstrahl, der neben ihr hereinbricht, ihn blendet.
Bald im Abendglanz ganz ihr zu Füßen, als wär er ihr Sohn,
den sie mit Füßen treten kann, jederzeit. Als wär er ein Kleidungstück
zum An- und Ausziehn, und sie zieht es an, lächelt schön und

schlimm, stampft auf – das alles kränkt. Ihre Sprache kränkt,
ihr schönschlimmes Gesicht kränkt; auch daß sie brummt und sirrt,
als hielte sie seine beiden Ohren besetzt. Es ist kein Verweis,
sondern Verlockung, so süß, so schlimm, ihr zu Füßen hingedreht,
in seine Augen ihre Welt. Er riecht nichts, so lockert ihn seine Allergie.

Von ihren Schuhn gestreift, er beginnt den Diskurs, stellt ihren
Frauenheilkreis völlig in Frage. Sie steht über ihm, im Vorbeihuschen
zum Stehenbleiben verlockt, hochschwanger, entbietet ihm
einen Schluck ihres Fruchtwassers: Du mußt dich entscheiden,
tauch ein, tauch auf und geh! Er läßt sich bloßlegen, kränken,

seine Kränkung wie ein Zauber (im Zuber), der ihn stärkt,
die männliche Schulter, die er selbst ist, und oben balanciert
der Kopf, in dem sich ihr Schmerz bündelt, in ihrem aber auch
seiner, zugleich ein Gelächter, Theorie des glücklichen Ausgleichs,
so süß, so schlimm dessen Lobpreisung – endgültige Unterwerfung

(18.5.2011, 21.20 Uhr)

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