T-15 TATIANA
„Angenommen, deine Mutter hat sich von dir, als du noch klein warst, einmal am Nachmittag verabschiedet. Auf dem Tisch ist eine Schale mit Obst gestanden, und sie hat gesagt: Daß du mir ja nichts von den Äpfeln nimmst! Du konntest dich aber nicht zurückhalten und hast, kaum war sie draußen, in eine Birne gebissen.
Vielleicht hast du dir dann Folgendes überlegt: Sie hat zwar von Äpfeln geredet, doch ist es wahrscheinlich, daß alles Obst gemeint war, also auch die Birnen. Apfel also als pars pro toto für Obst, denn Äpfel und Birnen sind einander durchaus ähnlich, weshalb sie das eine – Äpfel – als Oberbegriff für alles gemeint haben könnte, obwohl das Sprichwort – ja nicht Äpfeln mit Birnen zu vergleichen – das zu verhindern versucht.
Du denkst jetzt noch einmal daran, was sie gesagt hat. Doch da es sich um deine Mutter handelt, kannst du dir nicht vorstellen, daß sie dir wirklich verboten hat, ein Stück Obst in ihrer Abwesenheit zu essen. Legt sie nicht immer großen Wert auf gesunde und vitaminreiche Ernährung? Solltest du anstelle dessen zu Keksen oder Schokolade greifen? Ständig nervt sie dich mit ihrer Warnung vor Schnitten, Bonbons und Fastfood. Kommt der „kleine Hunger“, dann sollst du sofort an Obst denken. Das hat sie dir also noch nie verboten. Warum also gerade heute?
Du erinnerst dich, daß sie einen Apfelkuchen backen wollte. Jetzt ist die Sache klar. Also denkst du: Ich laß die Äpfel in Ruhe! Dafür kann ich Birnen essen, bis mir der Bauch platzt!
(17. Jänner 2007)