0106 - ORTSBESTIMMUNG

schrick ist ein ort
in niederösterreich hinter einer schreck-
lichen kurve gas
geben oder der imaginierte
graben voller abwässer
läuft hier quer durchs zimmer alle einwohner
haben asthma die kinder
die maul&klauenseuche auf den überall
angeschlagenen karten sind die zeckengebiete
seltsamerweise rot
eingezeichnet allerdings sterben
jährlich nahezu zwanzig-
tausend geologen und dazu maikäfer als rarität
vom spiegel serviert ein winter-
licher sommer mit über-
laufenden sickergruben hunde katzen
und schwarze zum kotzen die imperative
vermehren sich unerkannt hitler
sorgt für den neuen rechtsdrall
der wolken die zaungäste haben sitzfleisch
für 10 jahre die mitläufer
entrollen die neuen fahnen

(fr.1.7.1971,0.50 uhr)
frauminsk - 2012-05-25 18:17

danke!!!

lieber herr e.a. richter!

ich hab mich so gefreut über ihre schöne rückmeldung per email auf das gedicht "liebzeit" .
das geschenk des (ihres) gehäuses macht mich gleich nochmals dankbarer, weil ich teilhaben konnte, was es macht, das gedicht, wenn es ein anderer für sich hört/liest/wahrnimmt.


dagegen lese ich natürlich ihre vollkommenen werke u lerne daraus sehr viel - wie jetzt wieder mit "ortsbestimmung"

kartografierte gefühle der angst od sich davon per weganleitung fortbewegen (flüchten) können.
dem gegenteil zugehen.
vor od hinter die gezogene grenze (?!).

e.a.richter - 2012-05-26 12:12

Liebe Fr. Minsk, ich bin damals, indem ich den ganzen Tag durchs Waldviertel gefahren war, auf eine gewisse Weise „dem Gegenteil“ zugegangen, in Erforschung der Provinz und der Staatsgrenze, dem sog. Eisernen Vorhang. Die Nacht hatte ich durchgemacht und etwa 10 Gedichte geschrieben, das heißt: lapidar Ängste protokolliert.
e.a.richter - 2012-05-27 11:43

Wenn ich unterwegs war, benützte ich ältere Kalender als Notizblock:



PS: Schrick!

frauminsk - 2012-05-31 06:24

die kalenderschriften sind ja mehr als interessant,
da wollte ich zugerne mal durchblättern u sie dazu ausfragen.
ist die "0.50" nach dem 1.7 die uhrzeit?

eine einteilung, damals, in halbe stunden blocks.
sie gehen vorbereitet aus dem haus, ich merke das schon :-)

gelingt es ihnen manchmal noch, sich genau in das gefühlte eines satzes, einer passage ihrer aufzeichnungen rückzuversetzten?

ich schreib mir unterwegs meist nur wirre stichworte od einfach einzelne wort in ein ganz kleines büchlein, bzw versuche dann völlig davon eingenommen diesen einfall irgendwie festhalten zu können indem ich meine umgebung, meine begleitung od meine tasche nach was schreibbaren absuche.
ich hab schon unzählige kassenzettel auf der rückseite beschrieben, aber auch die innenseite von kaugummischleifen mit den legendären bic-kuli´s von irgendwelchen verkaufskiosken, trafiken u drogerien. es kommt dann dazu, wenn ich nichts ergattere, dass ich wildfreme leute um etwas zu schreiben anspreche. da gab es schon lustige begegnungen deswegen.

meine mutter kennt diese anwandlungen schon u packt, wenn wir gemeinsam eine unternehmung machen, schon extra für diesen fall schreibzeug für mich ein. auch sehr praktisch!

nicht etwa, dass ich aus diesen ereignissen lerne, nein, eine vorsorge diesbezüglich ist nur schwer durchführbar. sämtliche schreibutensilien räume ich, wenn wieder zuhause, einfach aus u leg die irgendwohin ab, sodass beim nächstenmal partout wieder diese situation auftreten wird.
aber, womöglich (ich hege diesen verdacht schon lange) benötige ich diesen spannungsaufbau unverzüglich etwas niederschreiben zu müssen, es aber im ersten moment nicht tun zu können u dann läuft der teufel um sein feuer.....
e.a.richter - 2012-06-01 10:54

1.Ich habe solche Kalender mehrere Jahre lang benützt, Geschenke von Versicherungen, brauner Plastikeinband, die Blätter gelblich, mit einer - ich hatte das garnicht bemerkt - halbstündigen Tagesabteilung. Nicht nur für Gedichtnotizen, sondern auch für die minimale Aufzeichnung von Tagesabläufen.Ich bin nicht sicher, ob ich alle Kalender noch habe; aber ich habe A4-Kopien, die in Jahresordnern stecken. In jener Nacht schrieb ich zwischen 0.30 und 5.20 in diesen Kalender 10 Gedichte, verzichtete anscheinend aufs Schlafen. Denn um 8 Uhr fing die Arbeit an. Und am Nachmittag setzte sich die Hausrenovierung fort. Ich bin also sicher, daß das eine Ausnahmesituation war.

2. Ein Zweck dieses Blogs ist auch die Konfrontation mit der Lyrik aus der Vergangenheit. Die Frage ist: Was akzeptiere ich noch heute, was ist nur eine Skizze? Was ich hier einstelle, kann ich auch jetzt noch verantworten, ist also eine Auswahl. Manches erweckt konkrete Erinnerungen, z. B. an einen Spiegel-Artikel, auf den sich einige Verse beziehen. Womit ich mich auch verbunden fühle, ist diese Art von Versbruchtätigkeit und der Parallelschaltung von kurzen Sätzen. Dazu gibts eine "Programmgedicht": MEHR MEHR.
e.a.richter - 2012-06-01 20:59

Und jetzt noch etwas zu Ihrer Schreibmethode und zum Umgang mit den Schreibutensilien:

1.Was nicht sofort aufgeschrieben wird, geht in der Regel verloren. Daher ist jedes Zettelchen brauchbar, um einen Einfall stantepede notieren zu können. Und warum sollten nicht zufällig anwesende Personen von Ihrem Schreibnotstand profitieren??

2.Es ist doch klar, daß Sie aus diesen Situationen nicht lernen wollen, um – wie Sie schreiben – in diesen „Spannungsaufbau“ zu geraten, damit Sie wieder einmal „den teufel um sein feuer“ laufen lassen können. Schön!

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