O-13 ROSEN-SCHÄDEL-ZEICHNUNG
unter der mittagssexbesessenen Decke.
Augenflimmern, Erbrechen. Rosen rankten sich
über Gartentore, ein Lusthaus,
über die gesamte Bibliothek des Wissens.
Dornen steckten in Zehen, Waden und Fingern.
Die Blätter pflückte ich, um nachher den Strauß
in Krepp-Papier dick einzuwickeln.
Irgendwo stand der Schädel, Gipsimitation,
bemaltes Trinkgefäß, zugleich Turngerät
für eine Unzahl von Weibsbildern,
die aus allen Öffnungen quollen, wurmartig.
Der Schmutzrand an der Wanne – unauffällig
willkommener Hintergrund. Rot der Schädel,
von innen beleuchtet, und schwarz
die unverdrossenen Jungfrauen.
Unaufhörliches Lächeln, sorglose Sohlen,
saubere Handinnenflächen: sie apportierten
die Rosen zwischen den Zähnen,
als wär das ihr einziger Überlebenssinn
(Sonntag, 2.1.2000, 22.20 Uhr)
(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)
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