Dienstag, 17. Januar 2012

O-19 BUKOWSKI

bei Bukowski denk ich an F. oder H.,
Säufer in meinem Alter, trocken,
doch unberechenbar auf immer. Schickt
der eine ein E-Mail EILT EILT EILT,

Treffpunkt Berlin, günstige Gelegenheit,
will der andere nicht nur Urkrebschen erforschen,
seine Frau bedrohn, kochen wie ein Gott,
andere Alkoholiker betreuen, wieder Auto fahren,

sondern auch Macht demonstrieren, Wissen,
Selbst-Beherrschung: riecht nicht nur, trinkt
auch Schlückchen, unter dem Titel:
Vorkosten für den Gast. Jetzt gleich weg

aus dieser Szene: da saß die Familie rund
um den Tisch, Landleben, Langeweile; die einen
wollten abfliegen, morgen früh, verurteilten
die andern zum Bleiben, Verrosten, Rösten

am Schoß ihrer Erde, am Schwanz ihres Hundes,
der Kleinkinderhände blutig beißt,
am triefnassen Beißkorb. Beide nun hier
in Berlin nur Papierfiguren, doch wiederauf-

erstehungsfähig im Gegensatz zu Bukowski,
den ich heranzog, weil sich sonst niemand
anbot, beinahe geschenkt, sogar mit dem Tod
im Titel, Lyrik verweigernd:

verband mich mit einem der Doppelgänger
vor zwanzig Jahren - als wir hinausgingen,
das Wasser abschlugen, und keiner kam jemals
wieder zurück in dieses Hotelzimmer voller Staub

(Donnerstag, 20.4.2000, Berlin)

(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)

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„...Dies ist der Versuch eines komprimierten Familienromans, zugleich ein Reisebericht, der an einen Ort führt, wo die Kriegsschäden an den Menschen und deren Behausungen noch unverhüllt sichtbar sind. Lena und Stefan, von den gegensätzlichen Seiten der Geschichte kommend, unternehmen, sich zwischen Überlebenden und deren Nachkommen bewegend, einen Versöhnungsversuch...“ (Klappentext)

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