Mittwoch, 25. Januar 2012

O-22 WIEDERKEHR

auf diesen Tisch mußt du noch einmal dein Bein legen,
aus Lust an einem Zufall, der dich den Schuh abstreifen läßt:

ihn vergrößernd, würd ich ihn küssen wie ein fleischliches Stück,
während du dir Todesarten ausmalst,

die dich nicht quälen, zähe Selbstverletzungen genauso
wie die reziproke Zurichtung durch deine Tochter.

Bei ihr bist du allgegenwärtig,
bei mir nur in den wenigsten Momenten.

Jetzt behauptest du dich als Spezialistin des Abbruchs,
die den Schmerz immer vorhersieht, sich schon vorher versagt.

Das alles ereignet sich auf der Folie eines Mannes,
der ständig anruft, um deinen Aufenthalt zu erkunden:

du gibst dem nach, selbst auf dem Klosett.
Dort rinnt etwas aus dir, goldgelbe Flüssigkeit,

die niemand auffangen wird außer mir:
was in deinem Mund verschwand, unter dem gerafften Mantel

lautlos sich verwandelt hat, vom Blut aufgesaugt,
oder in der Blase zwischen den Beinen,

in der schon anderes lauerte, dich nur ein wenig quälte,
zwischen den Sätzen: Kostprobe deines Lebens.

Bald wird der Spiegel steigen,
darin auch die Lust, die Distanz hält,

bis du mich als Gast betrachtest in einer Zelle,
wo hintereinander mehrere Begleiter auftreten,

nach dem Gewohnheits- oder Zufallsprinzip
dich in deiner Muttersprache reden lassen:

sonor, Luxus andeutend, Lebensverfestigung.
Die Spritzer schmecken nach dir, deinem Gift,

auf meiner schwierigen Zunge,
bis in mein Dickkopf-Hirn

(Donnerstag, 20.07.2000, 6.40, Pilastro)

(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007.)

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