Donnerstag, 18. Oktober 2012

DB-001 1 (Immer der Traum vom Reisen)

1

Immer der Traum vom Reisen. Aber schon im Traum die Angst davor, wider besseres Wissen, daß etwas nicht klappt (was immer geklappt hat), daß ich nicht alles vorbedacht habe (wo ich doch immer alles vorbedenke, so vorsichtig, daß gar kein Spielraum mehr bleibt für Zufälle), daß etwas passiert, was ich nicht mehr schaffe (wo ich doch die verrücktesten Situationen geschafft habe).

Du kennst meine Angst, diesen Kitzel der Angst, daß etwas völlig Unvorhergesehenes eintreten könnte (endlich die Katastrophe, die mich völlig aus der Bahn wirft), aus meinen so oft abgebrochenen Schilderungen während der Therapiestunden. Du weißt, daß ich seit meiner Kindheit trainiert worden bin, ständig in Erwartung der Katastrophe zu leben, darin (wie meine Eltern) einen Großteil meiner Gefühlskraft investieren mußte, sodaß wenig übrig bleiben konnte für zärtliche Vorstellungen, wärmende Umarmungen, Streichelbewegungen, um etwa, wenn auch nur verstohlen, ein Haarbüschel aus den Augen zu streifen, eine Gedankenfalte aus der Stirn.

(Die Berliner Entscheidung, Residenz Verlag, 1984)

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„...Dies ist der Versuch eines komprimierten Familienromans, zugleich ein Reisebericht, der an einen Ort führt, wo die Kriegsschäden an den Menschen und deren Behausungen noch unverhüllt sichtbar sind. Lena und Stefan, von den gegensätzlichen Seiten der Geschichte kommend, unternehmen, sich zwischen Überlebenden und deren Nachkommen bewegend, einen Versöhnungsversuch...“ (Klappentext)

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