0077g -SIEBEN-TAGE-GEDICHT 7
beruhigung kommt auf ohne gefördert zu sein die haut ist wieder empfindlich
an kinder zu denken ist weder schrecklich noch schön ihr künftiges dasein eine
es gab einen Körper, sehr weiß, der im Wasser stäubte.
Es gab einen Körper, sehr weiß, der sich wand und schrie,
wenn die Mutter hinter der Tür ihr jeden Mann verbot
und der Vater im Kabinett auf die Tochter lauerte, sie stracks
mit Zahlen traktierte, während sie sich unter dem nassen Zopf herauswand,
nur für ihn kahl. Der kahle Tochterkörper, der Vaterkörper,
beide nass, bis zu den Hüften im Wasser, im Kabinett, das dampfte.
Der Mutterkörper hinter der Tür, der Vaterkörper die einzige Rettung
vor der plötzlichen Entleerung. Das leere Kabinett, das, aus dem Tochterkörper
entlassen, wie eine Handtasche mitgenommen werden konnte.
Die Tochter mit der Handtasche, unter ihrem schwarzen Zopf
das Allerschönste, was Vater und Mutter jemals hätte passieren können.
Es gab einen Körper, sehr weiß, anschmiegsam, eingenäßt
von allen Vorstellungskräften, die ihn drangsalierten
mit Weiblichkeiten, die sie ihm sofort wieder entzogen.
Der weiße weibliche Körper, durchnäßt in der Phantasie -
immer ein Rauschen, eine stillstehende Bewegung
etwas Ausgebreitetes über dem Meer, mit Überblick über diese
Inselkargheit, stets anziehend, trotzdem voller Abstoßungseffekt.
Wie sich das alles durchsichtig konturiert, mit harten, blauen Schatten .
Wer nimmt jetzt das Ich entgegen, wer diesen leichtsinnigen Moment?
Talmulde, Trapez zum Meer hin, gleich offen für einen kargen, karstigen Brocken,
oberflächlich geglättet, diese Insel, Prvic, rechts. Auch für die Insel daneben.
Der Rücken, gekerbt vom Gestein, das Blick und Boote dort unten beschwert;
und Getucker, Insekten, starre Röllchenwolken. So fern von jenem Ort, voller Präsenz:
Disteln, die zittern, Steinspitzen, Stichwörter für Haut und Fleisch.
Und gleich springt jemand auf und hinunter ins Ausgebreitete.
Hinunterspringen ereignet sich, ist der kürzeste Weg einer Ausbreitung
hin zu den Bootsteilen, die nur ein Bild sind, Anmutung einer Mosaik-Essenz.
Kein Aufplatschen - unkenntliche Fleischklumpen,
die langsam ins Wasser rollen und Luft ausstoßen. So ereignet sich
weiterhin Essenz, auch unter Wasser, dicht unter der Oberfläche,
zu der etwas Heiteres – Luft – aufsteigt. Ich bleibt am Leben,
sichtbar aus einer gewissen Entfernung, der Sicht eines Baums:
ockerbrauner Schmetterling, dunkelbraun, weißgetupft, grün
schimmernd der Oberleib, gegen den Wind ausgebreitete Flügel.
Etwas Ausgebreitetes, eine Wunde tief offen, die sich nicht mehr schließen wird
Trackback URL:
https://earichter.twoday.net/stories/43005785/modTrackback
läßt ihre sätze fallen
weil sie weiß dass du darüber stolperst
ihre augen so dunkel wie schnee wenn er spazieren geht
sieht in deinen augen und hört nicht auf damit nackt zu sein
ein spiegel der nicht erkennt was ein wort sein kann
ein scherz oder irgendeine nacht
die dein verlangen längst vergessen hat
Dieses Bad
Dieses Bad ist ein völlig gedichtloses Bad.
Es liegt zwischen Küche und Diele, der kürzeste Weg für den Transport
von Getränken und Speisen in die eine und andere Richtung,
auch von unten nach oben und drinnen und draußen.
Dieses Bad hat eine Menge Kinder kennengelernt,
Scheiße und Kotze von Kindern, auch erwachsenen
Kindern, Frauenmädchen, Bubenmännern
und entschlossen versperrte Türen auf beiden Seiten.
Dieses Bad ist ein völlig gedichtloses Bad,
aber voller Gesichter: jede eigenhändig angebrachte Kachel
widerspiegelt jedes Gesicht, das jemals im erkennbaren Umkreis
völlig lautlos oder lauthals schreiend aufgetaucht ist.
Dieses Bad ist ein Erinnerungsbad,
ein jahrzehntelanges dunkel zuckendes Familienereignis,
das sich auf ein einzigen brennenden Punkt zusammenschrumpft läßt:
den des gegenseitigen Erkennens, den des Verlassens
ihre dunklen augen im schnee
das kerzenlicht versöhnt mit dem wasser
alles was hineinfloss hatte einen namen
was uns fremd war belogen wir
dann war es uns schon nicht mehr fremd
während wir unsere hände mit worten belegten
mit augen die einen körper ansahen der nichts mit uns zu tun hatte