F-26 ZEHN JAHRE DANACH

Aus der Entfernung hin
zu dir,
näher und näher
mit jeder Sekunde:
Dafür
hab ich bezahlt.
Aus deiner Hand
wächst mein Schwanz,
wo ich auch bin.
Wenn das Licht
angeht,
leckst du
meinen Schweiß,
Angstfilm meiner Jugend.
(Sex
ist besser als
Liebe, doch
beides will ich
ohne Trennung.)
Die Öffnungen,
stell ich mir vor,
zwischen uns
sind austauschbar.
Trotzdem -
das Fluktuieren
der Identitäten
funktioniert nicht mehr.
Vorwärts gerichtet
stehn wir
auf verschiedenen
Böden: dein Vater
beißt anders
als meiner;
meine Mutter
lebt als stabile
Größe in mir,
langsam
nähert sich deine,
dich wärmend.
Schwierig ists,
Vertrauen gegen
Kontrolle zu tauschen:
Manchmal
öffne ich meinen Mund,
und du siehst
nur tote Wörter.
Stell dir vor,
wir halten einander
noch zehn Jahre
über Wasser,
blicken einander
danach mitten ins Herz,
noch voller Neugier,
ohne Scham.

(1980)


(Erschienen in: Friede den Männern, Residenz Verlag, 1982)

(Blick zum Nachbarn: B-03 PALME/RICHTEX, BAHNALOG)
Sturznest - 2012-12-15 15:27

aus deiner hand, wächst mein schwanz...also herr richter

e.a.richter - 2012-12-15 15:32

Damals, ohne Beistrich, ja! ;-)
Sturznest - 2012-12-15 15:41

Ganz ohne Beistrich...
Sturznest - 2012-12-15 15:43

Manchmal
öffne ich meinen Mund,
und du siehst
nur tote Wörter.


das ist extrem schön herr Richter

Ostseemöwe - 2014-01-11 18:33

ein eigenartiges Gefühl

ich falle förmlich in Deine Texte. Zu Anfang noch mit ein wenig Scheu, als ob ich in etwas ganz privates eindringe. Aber dieses Gefühl vergeht mit der Zeit und ich fühle mich dazugehörig.
Besonders schön finde ich,
"Stell dir vor,
wir halten einander
noch zehn Jahre
über Wasser,"

herzlich Ilona

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