FL-02 Fliege (Notizen)
Wäre nicht diese winzige Fiege am späten Abend des 14. August hier auf dem Bildschirm vor mir gelandet, sondern auf meinem Knie oder der Wand hinter dem Bildschirm, hätte es keinen so unmittelbaren Schreibimpuls gegeben.
Sie hatte nur kurz Platz genommen, angetrieben von ihrer Suche nach Nahrung. Ich beschrieb ganz automatisch, was ich da plötzlich wahrnahm, bis die Fliege wieder wegflog.
Innerhalb des Word-Rahmens war der Monitor vorher weiß gewesen, wie leeres Blatt Papier. Doch ich sitze nicht gern vor einem weißen Monitor. Das ist, als würde ich in Unentschiedenheit erstarren müssen; oder in Selbstreflexion.
Für die erwünschte Animation war es die falsche Position: nicht am Schreibsessel, nicht vor dem Monitor sollte sie passieren; wenn möglich gar nicht zu Hause. Mich selbst in unerfüllter Bereitschaft will ich nur dann ertappen, wenn ich Schmerz und Verzweiflung ablenken kann.
Die Wand hinter dem Monitor ist weiß und höher als drei Meter. Um zur Decke hinaufzusehen, muß ich mich im Sessel weit zurücklehnen. Der ist sowohl nach hinten als auch nach rechts und links hin beweglich. Jede Bewegung beim Sitzen wird von der Lehne begleitet.
Bevor die Fliege den Monitor verließ, glaubte ich zu sehen, wie sie sich am Staub, der sich sowohl am Rahmen als auch am Schirm angesammelt hatte, gütlich tat. Ich dachte: Staub, Staub! Ja, Staub konnte sie gehörig erquicken!
(28. November 2006, 19:30)
Zu „Fliege. Roman eines Augenblicks“ (Edition Korrespondenzen, 2010). Mehr hier, hier und hier.
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