D-22 JARDIN DES PLANTES
nur graue, verbitterte Wärter,
die sich heimlich mit dem Fleisch
für die Raubtiere vollstopfen.
Kein einziger Panther im Tanz
von Kraft, mit großem Willen.
Nur schläfrig blinzelnd, ein Löwe,
wie alle anderen Tiere in einem
baufälligen Käfig. Schildkröten,
die einander mit knirschenden Panzern
in unbeirrbarer Langsamkeit für immer
aus dem Weg räumen wollen.
Und am Ende der Qualen kehrtgemacht,
und wieder Auf-einander-Vorrücken,
Millimeter-Kampf im gelben Wasser,
vor ausgeblichenen Naturlandschaften.
Hingegen die Orang Utan-Frau
ganz Mutter inmitten von Holzwolle
unterm grünen Tuch mit ihrem Kleinen.
Herauslangt eine riesige Tatze
mit frappantem Fingerspitzengefühl.
Daneben zwei junge Wilde auf Seilen,
die scheinbar nach roten Bausteinen haschen:
sie huldigen nur ihrer Bewegungslust.
Vor dem Gitter ein Mann, der weltabgewandt
an einer Figur herumspachtelt,
kleiner Teil eines Affen-Theaters
für die winzige Ewigkeit seiner Existenz.
Draußen ist schon Frühling, im Park
wird stürmisch gekehrt.
Die Magnolien platzen.
Der braune Dinosaurier beim Eingang
ist nur ein Modell aus Metall.
Das schwarze Klavier inmitten
der heftig grünenden Wiese
klafft stumm und wund
(Donnerstag, 29.4.1999, Paris)
(Erschienen in: Das leere Kuvert, Bibliothek der Provinz, 2002)
Yes, bored animals in tiny old cages