O-08 HAARE
irgendwo am Körper, auch
auf der Kopfhaut, Kopfhaare –
wehendes Unglück des Jungen,
der keine Frisur zusammenbringt,
auch keinen Kopf, der entrückt.
Es ist immer ein anderer,
mit einem falschen Kopf.
Der richtige wär nicht haarformbedürftig,
sondern kahl, ein Vorbeigehender,
dessen Schädel aus jedem Blickwinkel
leuchtet, distanzierend, fast heilig,
bereit für jeden Nachtraum.
Haare – Fäden, Gleitmittel,
in den persönlichen Himmel,
alterslose, sich unbefragt erneuernde
Begleiter. Kein Blut in ihnen,
keine wahrnehmbaren Wurzeln -
parallele, genau berechnete Auswüchse
aus dem weiterhin unsichtbaren Hirn
(Mittwoch, 27.06.2001, 9.30)
(Erschienen in: Obachter, Edition Korrespondenzen, 2007)
(Blick ins Nebenzimmer: Essere etrusco 19)
aus dem weiterhin unsichtbaren Hirn"
das ist ein sehr interessanter Blick auf die Haare. Die ja ohnehin sehr faszinierend sind, all diese Geschichten, die sich darum ranken, Samson und Delilah z.B, oder auch Rapunzel. Und eine ganz persönliche, die meine Mutter mir immer wieder erzählt hat, von den vollen dicken Haaren ihres Vaters, an denen sie sich festhält, während sie auf seinen Füßen stehend, von ihm hier- und dorthin getragen wurde. Und wie sie Angst hatte, diese Haare könnten eingeklemmt werden, als man den Sargdeckel schloss.